Zwei Tage in der Drei-Sterne-Küche JAN (München)
Zwei Tage in der Drei-Sterne-Küche JAN (München)
Da war ich nun doch mal wieder im schönen München!
Voller Vorfreude auf die Aufgaben, die mich erwarten sollten, mache ich noch eine kleine Abendrunde durch die Stadt, laufe zum Viktualienmarkt und dem Kräuterparadies Lindig, bei dem ich seit über 20 Jahren schon meinen Tee kaufe, doch zuvor war ich natürlich noch wenigstens mal an der Tür des Gourmettempels, in dessen Küche ich die nächsten beiden Tage arbeiten durfte. Diesmal habe ich die besondere Ehre und Freude, als "Nobelpraktikant" unter Jan Hartwig in seinem 3fach besternten Restaurant JAN zu arbeiten. 5 Hauben "trägt" er im Großen Restaurant und Hotel Guide.
Am ersten Tag sollte es ursprünglich ab Mittag bei geschlossenem Restaurant mit den Vorbereitungen für den Abendservice beginnen, ich werde aber früh von Junior Souschef Georg van Doesburg benachrichtigt, dass das Restaurant für eine größere Gesellschaft doch schon außerplanmäßig mittags öffne, und ich schon früher kommen könne. Oh ja, sehr gerne! Freudig rolle ich also mit meinem Ausstattungsköfferchen gen Restaurant - gewünscht waren schwarze Schuhe und Hose und weiße Kochjacke, die schicke blaue JAN-Schürze würde mir dann im Restaurant gestellt werden.
Dort angekommen werde ich sehr herzlich von Souschef Peter Wiedner empfangen. Erstmal wird geklärt, "wir sind hier alle per Du", und dann wurde ich dem lieben Azubi Eddy Böckler "übergeben", habe eine kurze Führung durch die wichtigsten Räume, Küche und in die Garderobe bekommen, und dann stand ich schon im vollen Ornat und meinem Kochmesser in der Küche.
Letzteres kam auch gleich zum Einsatz beim Schnibbeln von Röstgemüse für Geflügelfond und einer Tomatensauce für das Personalessen, nachdem ich kiloweise geröstetes Geflügel aus dem Ofen in die Bratwanne gehieft habe.
Und schon ging es weiter mit dem Reiben von jeder Menge von Parmesan, sowohl für eine Parmesanespuma als auch für "Parmesanwasser", danach wurde mir sogar das Bedienen des Vakuumierers zuge - und anvertraut.
Zwischendurch hat mich Junior Souschef Georg van Doesburg zu sich gerufen, mir die Dry Ager und deren edlen Inhalt gezeigt. 3 Tauben wurden entnommen und er hat mir gezeigt, wie er sie zerlegt und mich sogleich auch eine zerlegen lassen. Dann konnte ich zusehen, wie er aus der Taubenbrust seine Crépinette von der Taube mit Foie Gras, Geflügel-Spinatfarce vom Bresse-Huhn und schwarzem Trüffel vorbereitet, ein Teller, den man (mit Topinambur und Chicorée) zusätzlich zum Menü bestellen kann. Das exakte Rezept dazu findet man übrigens in dem Kochbuch von Jan Hartwig, welches im Dezember erschienen ist. (https://www.der-grosse-guide.de/rezepte/detail/jan-hartwig-labor-der-liebe)
Später am Abend hat Herr Hartwig ebendiese herrliche Crépinette aufgeschnitten, einen Randabschnitt durfte ich sogar verkosten, um den intensiven Trüffelgeschmack zu erleben.
Inzwischen war der Mittagsservice schon in vollem Gange und großzügigerweise wurde ein Probierteller für mich angerichtet. Ein Saibling vom Schliersee und sein Kaviar, mit Wurzelgemüse, Dillmayonnaise, Vinaigrette, Sauerkraut-Espuma, darauf eine Tartelette, worin die Leber zum Flan verarbeitet, eingebettet in einem Ring aus gelber Möhre, lag - ich hoffe, das habe ich mir einigermaßen richtig gemerkt! Ein ähnliches Rezept findet man ebenfalls in besagtem Kochbuch. Ich muss gestehen, allein schon die Kombination Dill/Sauerkraut fand ich spannend. Ein Teller, der begeistert! Kurz danach wurde mir noch eine sehr vollmundige Kalbsschwanzpraline, in Panko paniert und fritiert, gereicht - eine Geschmacksbombe in Würfelform!
Nach kurzer Pause stand das Personalessen an. Sehr schön, dass dazu das komplette Küchen- und Serviceteam, immerhin rund 20 Personen, zusammenkommt und gemeinsam isst. Heute stand Pasta in aromatischer Tomatensauce, Basilikum und Parmesan auf dem Plan, in dieser Woche (sehr lecker!) zubereitet von Koch Tobias Parth, den ich übrigens schon vor 3 Jahren an anderer nobler Gourmetadresse, bei meinem allerersten Küchenpraktikum, kennenlernen durfte. Auch diesmal hat er mich dankenswerterweise an die Hand genommen und zugesehen, dass ich sinnvoll beschäftigt bin. Keine leichte Aufgabe, denn solch eine Küche ist von A-Z vollkommen durchorganisiert und durchgetaktet und jeder hat bereits seine festen Aufgaben. Danke nochmal an dieser Stelle, lieber Tobias!
Gleich nach dem Personalessen kommen die Ansagen für den nächsten Service. Wer kommt, handelt es sich um Stammkunden, wenn ja, wann waren sie das letzte Mal da, wurde stilles oder sprudelndes Wasser bevorzugt, gibt es Allergien oder sonstige Besonderheiten oder Wünsche. Auf jeden wird individuell eingegangen, denn jeder einzelne Gast soll den zu 100% perfekten Abend genießen können. Welch eine Organisation dahinter steckt, kann einen nur verblüffen!
Und sogleich ging es zurück in die Küche, wo auch ich bis zum recht frühen Ende gegen 23.30Uhr wieder voll beschäftigt war bzw. freundlicherweise wurde. Spinat putzen und waschen, Topinambur in feine Scheiben schneiden (ich durfte sie am Folgetag zu Chips für's Personalessen fritieren), Geflügelfond passieren, Spritzflaschen be - und umfüllen, es gab viel zu tun. Zwischendurch gab's kleine Kostproben für mich, so zum Beispiel eine leckere Pistaziensauce mit grünem Pfeffer. Jan Hartwig, der nun frisch aus Paris vom 68. Kongress von "Les Grandes Tables du Monde" zurückgekehrt war, hat mir auch ein Stück seiner herrlichen Pâté en Croûte zum Probieren gegeben, auch eine schmackhafte rote Bete "en croûte" durfte ich kosten.
Kurz vor Feierabend, ich gestehe, eine kleine Lust auf Zucker hat sich angemeldet, hat mir Souschef Peter Wiedner noch eine große süße Freude gemacht, als er mir zwei unglaublich fluffige Donuts in Zimtzucker gab. So konnte der erste Tag gut enden. Für mich, der ich diese Arbeit in dem Maß nicht gewohnt bin, ein sehr anstrengender, aber wirklich toller, erlebnisreicher Tag. Müde laufe ich zum Hotel um die Ecke und sinke fast sofort ins Bett, in großer Vorfreude auf den nächsten Tag.
9 Uhr sollte ich da sein, mit 6 Personen zum Mittag sollte es erstmal "ruhig zugehen", wie auch immer sich das in einer Küche mit 13 Personen unter Volldampf (persönlicher Eindruck) äußert.
Für mich begann der Tag wieder mit Handreichungen für das Personalessen, beim Hummus helfen, Zutaten für den Wrap-Teig und Shortribs aus dem Lager im Keller hochholen, Fleisch kleinschneiden und vieles mehr. Die Müdigkeit vom Vortag saß mir noch in den Knochen - wie musste es erst den anderen gehen! Heute hatte ich eine recht lange Mittagspause. Erstes Ziel: Eine Schreibwarenabteilung, um einen Permanentmarker zu kaufen! Da ich vieles in Folie einpacken und beschriften sollte (immer mit Datum!) und ich nie einen Marker gefunden habe, eine wichtige, zeit - und nervensparende Investition für mich! Kaum hat man einen gesichtet, ist er auch schon wieder weg!
Nach den leckeren Wraps fürs Personal war ich eine ganze Weile damit beschäftigt, von Hühnerhaut, die knusprig ausgebacken werden sollten, zuvor das überschüssige Fett mit einem Schaber auszukratzen, bis die für mich größte Herausforderung des Abends auf mich zukam. Bei lange geschmortem Kalbsschwanz heiß aus dem Ofen das Fleisch vom Knochen trennen. So hitzeresistent wie ich dachte, sind meine Hände dann doch nicht. Netterweise hat mein Mitstreiter in dem Moment am Posten mir dann die etwas abgekühltere Wanne überlassen, was dann auch für mich machbar war. Als alles getrennt war, ging erneutes Trennen los, bei dem ich nicht mehr beteiligt war, aber eine gefühlte Ewigkeit wurden die vielen Kilogramm Fleisch nochmal säuberlichst von Sehnen und Fett getrennt, so dass nur noch reines, butterzartes Fleisch übrig blieb. Was für eine Arbeit! Ich vermute, daraus entstehen diese leckeren Kalbsschwanzpralinen, vor lauter glühender Finger habe ich vergessen, nachzufragen. Aber da weiß man die Praline gleich noch mehr zu schätzen, wenn man sie kosten durfte!
Nun wurde ich aber auch schon wieder mit einem für mich angerichteten Teller verwöhnt. Hirschkalb mit einer Haube aus Südtiroler Pancetta und Gewürzkuchenpulver (u. a.), gebratene Foie Gras, und eine Hirschjus, angereichert und abgeschmeckt mit Guinness Bier - man würde drin baden wollen! Dazu habe ich von Restaurantleiter Kilian Skalet sogar noch ein Glas eines herrlich zum Hirsch passenden, vollmundigen Pinot Noirs bekommen. Wow!
Gefühlt hat der Abend grad erst begonnen, allerdings war nun doch schon 0.30Uhr. Nach intensivem Putzen, Polieren und Desinfizieren der kompletten Küche, hat das ganze Team netterweise den wohlverdienten Feierabend noch etwas nach hinten verschoben, um mit mir zum Abschied mit einem Gläschen Crémant d'Alsace anzustoßen. Für mich als Saarländer, direkt an der Grenze zum Elsaß aufgewachsen, ein kleines Stück Heimat, das ich zu solchen Anlässen gerne teile.
Vielen Dank an Jan Hartwig und das gesamte Team des Restaurants JAN, dass ich da sein und den Küchenalltag miterleben durfte!
Mein persönliches Fazit dieses kleinen Praktikums: das Kochen ist sicher einer der schönsten Berufe, den man haben kann. ABER ein wirklicher Knochenjob! Meine Hochachtung all denen, die diese harte Arbeit täglich in den Restaurants der Welt leisten, um ihre Gäste in den Genuss solch herrlicher Speisen kommen zu lassen und ihnen ein unvergessliches Erlebnis zu bereiten!
Restaurant JAN
Jan Hartwig
Luisenstraße 27
80333 München
069-23 70 86 58
reservation@jan-hartwig.com
Text + Bilder: Peter Zenner