In der Küche von Tohru Nakamura in der Schreiberei - München
In der Küche von Tohru Nakamura in der Schreiberei - München
Wieder einmal hatte ich die große Ehre und das noch größere Vergnügen in einer der Spitzenküchen des Landes mitarbeiten zu dürfen - im Rahmen meiner Möglichkeiten.
Diesmal war ich bei dem genialen Tohru Nakamura, im 2-Sterne-Restaurant "Tohru in der Schreiberei" in München.
Bereits vor vielen Jahren durfte ich Tohru Nakamura bei einem Kochevent/Kochkurs in der Gaggenau-Showküche in München persönlich kennenlernen und jetzt durfte ich in seine Küche!
Ich stand vergeblich vor der wunderschönen historischen Fassade der Schreiberei, bis ich die glorreiche Idee hatte, falsch sein zu können. Nachdem ich mir den Weg zum eigentlichen Eingang in der Dienerstraße erklären ließ, ging es für mich auch gleich los: Umziehen und hinein ins Geschehen.
Als erstes hat mir die liebe Lina, die seit 4 Monaten in dieser tollen Küche arbeitet, alles gezeigt, Kellerräume, Kühlräume, wichtige Gerätschaften und Weinlager.
Quasi im Vorbeilaufen bin ich auf Tohru gestoßen, der an seinem Posten schon in die Arbeit vertieft war. In dem Fall dem Zerlegen der Tauben für das Tauben Yakitori. (Auf dem Foto mixt er gerade eine der umwerfenden Saucen auf.)
Meine Freude, ihn wiederzusehen war natürlich riesig!
Sogleich habe ich meine Messer ausgepackt und mit der Arbeit begonnen. Als erstes edle piemonteser Haselnüsse halbiert, sie sollten später in Nussbutter geschwenkt auf dem Spargel-Rotbarben-Gang dezent platziert werden, dann eine Kiste Kohlrabi geschält, zerkleinert und entsaftet. Daraus wurde später ein Gel mit Ringelblütenblättern für den Saibling-Gang, einer meiner Favoriten des Menüs.
Danach habe ich zwei Gläser mit eingelegten Kapernblätter zur Bearbeitung bekommen (sortieren und in kleine Dreiecke schneiden), die im Brotgang verarbeitet werden. Denn hier stehen nicht einfach Brot und Butter auf dem Tisch, sondern serviert wird ein geröstetes Brot mit Pfifferlingen, Pfifferlingtapenade, Yuzuemulsion, Chili Curlies, Kapernblättern, marinierten Lauchringen worin eine Nocke Wagyu-Tatar (von mir abgewogen und in eine Silikonform eingearbeitet!) eingebettet ist. Dazu werden eine herrliche Champignon - beurre blanc und ein Öl aus getrockneten Pilzen angegossen. Wunderbar! Meine Arbeit wurde vom sympathischen Julian angeleitet und begleitet - vielen Dank an dieser Stelle nochmal, für die liebe Mühe, immer neue Aufgaben für mich zu finden! Keine leichte Aufgabe bei eingespielten Abläufen!
Danach ging es kurz nach draussen, wo ich zusammen mit Azubi Elias eine Ecke des großen Balkons nach dem starken Regen wieder etwas auf Vordermann brachte.
Nachdem ich noch einige Kräuter bzw. Microgreens vorbereitend gezupft habe, wurde ich schon in die Pause geschickt. Erstaunlich, denn gefühlt war ich grad erst gekommen, was in der Realität aber tatsächlich schon 5 Stunden her war. Ein lecker-deftiges Chili con Carne, von Lukas zubereitet, stand als Personalessen bereit. Ich durfte auch davon kosten, allerdings gleich mit dem Hinweis, mich besser zurückzuhalten, weil ich im Laufe des Abends noch einiges probieren würde. Und wie! Davon hätte ich in dieser Form nicht mal zu träumen gewagt!
Ich nahm also nach meiner Pause die Arbeit wieder auf, indem ich die Blütenblätter einer Kiste Kapuzinerkresse-Blüten zupfte, und da wurde ich schon mit dem ersten Gang des Menüs überrascht und beglückt: Tarbouriech Auster, Chawanmushi, eine rote Bete-Rose, Schalotten-Fenchel-Ragoût (u. a.) und eine aufgeschäumte Muschelsauce zum darin baden Wollen!
Nach diesem Hochgenuss habe ich meine Zupfarbeit dann natürlich noch beendet und schon wurde mir der zweite Gang serviert, eine Tartelette mit Oosterschelder Hummer, Pomelosalat, Zitronenverbene-Emulsion und grünem Spargel. Herrlich!
Nun war bereits der Abendservice in vollem Gange, es wurden immer wieder Gäste vom aufmerksamen Service in die Küche geführt und das Küchenteam vorgestellt.
Verständlicherweise begann für mich jetzt der entspannte Teil des Tages, bei dem ich dem Geschehen an jedem Posten genau zuschauen konnte. Aber auch der Genuss ging weiter für mich, denn nach und nach wurden mir alle Gänge des Menüs angerichtet und serviert. Wie überwältigend großzügig! VIELEN DANK nochmal dafür!!!
Der nächste Gang ließ auch nicht lange auf sich warten. In einer wunderschönen Schale mit Deckel war es diesmal ein Reisgang mit Koshihikari Reis, Genmiso-Gel, echtem Wasabi, frittiertem Ingwer, Royal Belgian Caviar und einer geschäumten Koji-beurre blanc.... eine Wucht!
Nun konnte ich wieder dem Team beim Flitzen und Anrichten zuschauen, bevor es auch für mich wieder kulinarisch weiterging. Und zwar mit einem meiner Favoriten, dem confierten Saibling mit Forellenkaviar, Kohlrabi, Apfel, Buttermilch und Löwenzahn - so die Kurzfassung der sehr umfangreichen Zubereitung. Ich kann nur sagen, rundum überwältigende Harmonie, dabei einerseits kräftig im Geschmack aber gleichzeitig mit einer abrundenden Frische.
Ich hab natürlich für mich jeden Gang auch fotografiert, aber ich muss zu meiner Schande gestehen, bei manchen war ich so begeistert und gespannt, dass mir das Fotografieren erst wieder einfiel, als die Hälfte der edlen Teller schon verspeist war, daher ist das Foto an dieser Stelle einer anderen Kamera entliehen, ich glaube, Tohrus eigener. Aber so sah auch mein Teller aus – bevor ich ihn voreilig verspeist habe....
Diesem wunderbaren Gang folgte sogleich - und da war ich doch eigentlich zum Arbeiten da! - der nächste, nicht minder begeisternde Gang. Nämlich Balfegó Tuna mit Kaffee-Vinaigrette, Kinako-Tofu, Bonitoemulsion, Shisogel und, wirklich genial und eine, Entschuldigung, geile Komponente, eine Nocke Umeboshi - Sorbet. Wow!
Nach dem oben bereits beschriebenen Brotgang folgte dann, nachdem ich dem Chef beim geduldigen Arbeiten am Konro Grill zuschaute, ein weiterer Fischgang. Rotbarbe mit Lardo, Haselnusscreme, Haselnuss in Nussbutter, Mixed Pickle-Gel, dazu ein confierter, angegriller Spargel, Räucheraal-Tomatenschaum und Junglauchöl. Während ich genießen durfte, arbeitete das Team konzentriert, ruhig und präzise jeden Gang für das gut gefüllte Restaurant ab, jeder Handgriff saß, jede/r wusste, was er/sie zu tun hatte. Ein Uhrwerk, das Perfektion in jedem Rädchen liefert - wunderbar anzusehen!
Eigentlich soll es ja keine Menü-Beschreibung werden, aber das Tauben Yakitori mit Taubeninnereien, Perzwiebel-Kimchi, Bucheckern und Dashi Double und das gebratene Kalbsbries mit gepulten (!) Erbsen, zweierlei Kalbszunge, Nduja-Butter-Espuma, Anchovis und Shiokoji haben die Erwähnung mindestens so sehr verdient, wie das Predessert, ein Myoga-Granité mit Yuzu Sorbet, rehydrierter Traube, Myogajulienne und Yuzuzeste. Dem folgten einige "Petit fours", sehr kunstvoll an Hanami erinnernd, angerichtet. Passionsfrucht/Earl Grey/Karamell, Dorayaki/Matchaganache/Schokoast, Yokan/Kirsche/Azukibohne/Sesam/Miso-Sablé und Canneloni/Crème Chantilly/Kirschblüte.
Und den tatsächlich krönenden Abschluss bildete das Hauptdessert, Kokoscreme zum Verlieben, weiße Schokolade, eingelegte Mandel, Mieze Schindler-Chips und Rhabarber (SEHR kurz zusammengefasst). Unglaublich lecker!
Die meisten Gänge wurden mir von Lina und Sous Chef Ben erklärt.
Souschef Ben Häussler
Hier endete nicht nur das Menü (als Abschluss-Schmankerl hat mir der liebe Sommelier Christian Rainer noch einen sehr leckeren "Sparkling Sake" von Shichiken eingeschenkt), sondern auch der Abendservice ging dem Ende entgegen. Nun konnte ich auch wieder mitarbeiten, denn nun ging es ans Putzen der Küche. Schränke, Wände, Arbeitsflächen, Regale, Böden, alles wurde (übrigens zum zweiten Mal am Tag) geschrubbt, abgezogen und poliert, damit es für den morgigen Tag wieder blitzsauber ist.
Und schon ging es den zweiten Tag mit vollem Tatendrang weiter. Schnell bin ich in frische Kochkleidung geschlüpft, dann gab mir Julian eine Schale mit edlen Fingerlimes, aus denen ich den aromatischen Limettenkaviar herausquetschte und, die deutlich schwierigere Aufgabe, die winzigen Kerne mit einer Pinzette heraussuchte. Auf zum Vakuumierer damit - bis dahin wusste ich nicht, dass ich darin auch Gläser mit Deckel vakuumieren kann! Gesagt getan und weiter ging es mit dem Zurechtschneiden kleiner Salatspitzen für den Taubengang. Lukas hat mir zunächst gezeigt, wie es am Ende aussehen soll, dann durfte ich ran.
Nach dem Schneiden kleiner Lauchringe für den Brotgang, fing ich an, Pomelo für den Pomelossalat auf den Hummer-Spargel-Tartelettes kleinzuzupfen, als mich Tohru zu sich rief und einlud, bei der regelmäßig stattfindenden Kochbuchvorstellung der 5 Azubis teilzunehmen. Gustav war dran und berichtete über ein Kochbuch der spanischen Avantgarde - Küche. Auch eine sehr interessante Sache und ebenfalls eine tolle und wichtige Art der Weiterbildung für die Azubis! Tohru und Küchenchef Dominik "Smitty" Schmid haben dann auch noch weiter über die spanische Küche gesprochen, Restaurants empfohlen und den Azubis neue, spannende Wochenaufgaben ans Herz gelegt. Wie schön, dass ich auch diese Arbeit neben dem Kochen miterleben durfte!
Foto: Tohrus Platz vor dem japanischem Schriftzug „Hashi“ (=Brücke), ein Geschenk seiner Eltern
Danach habe ich mein Pomelo-Zupfen beendet, noch rund 50 Wagyuportionen abgewogen und in Form gebracht, und schon war wieder Pause. So schnell vergehen 5 Stunden sonst nicht, Frechheit! Aber ein schöner Trost war das Personalessen des Tages, diesmal zubereitet von Souschef Ben Häussler. Ein aromatisches asiatisches Reisfleisch, einfach lecker!
Nun begannen wieder die direkten Vorbereitungen für den Abendservice, und somit meine Zeit des Zuschauens. Für mich sehr entspannt, höchstens mal zur Seite zu springen, weil jemand schnell durch musste, oder eine Praline aus dem Eis zu holen. Für das hochkonzentrierte Team allerdings ist das Hochleistungssport, gute fünf Stunden zu rennen, zu flitzen und zu schwitzen, um die vielen kunstvollen Gänge zum richtigen Zeitpunkt fertigzustellen, zu beachten, dass Schwangere anwesend sind, dass Allergien bestehen, Sonderwünsche zu erfüllen sind, uvm. Großen Respekt vor dieser knochenharten Arbeit, das MUSS man lieben, um es eine Weile durchhalten zu können!
Einer der Gäste war an diesem Abend ein lieber Bekannter, den ich bisher leider nie im realen Leben getroffen habe. Nun sollte es endlich mal dazu kommen, da ja die Gäste, bevor sie an den Tisch geführt werden, erst in die Küche kommen dürfen. Eine große Freude für mich, ihn und seine Frau zu treffen und auch eine Ehre, beide zusammen mit Tohru am späten Abend verabschieden zu dürfen!
Für mich neigte sich der Abend nun leider auch dem Ende entgegen. Ein Teamfoto haben wir bereits netterweise in der Pause gemacht, nun konnte ich noch beim Putzen und Polieren helfen.
Und schon hieß es wieder mal Abschied nehmen, wie immer mit einem Gläschen Crémant von Arthur Metz, einem kleinen Stückchen meiner Heimat und Vergangenheit.
Abschied nehmen von dem großartigen Küchenteam eines überwältigend guten Restaurants, Abschied nehmen von lieben Menschen, mit denen ich zwei Tage zusammen arbeiten durfte, mich von ihrer Kunst und ihrem Können mitreißen, begeistern und inspirieren lassen konnte.
Liebes „Tohru“-Team, lieber Dominik, lieber Tohru, VIELEN Dank, dass ich bei Euch sein durfte, einen kleinen Einblick in Eure harte aber wunderbare Arbeit bekommen durfte und Ihr mich kleinen Hobbykoch so herzlich in Eurer genialen 2-Sterne-Küche aufgenommen habt!
Tohru in der Schreiberei
Burgstraße 5
(Eingang über Dienerstraße)
80331 München
Tel.: 089-21529172
Text und Fotos: Peter Zenner