Deutsche Küche - Christian Rach & Susanne Walter
Deutsche Küche - Christian Rach & Susanne Walter
"Essen erinnert uns daran, dass wir alle Nachbarn oder auch Freunde sind."
Diese treffenden Worte stehen in einer der Kapiteleinleitungen des schönen Kochbuches, welches ich heute lesen durfte. Ein lieber, großzügiger Mensch hat mir ein Exemplar davon geschenkt.
Es geht um das Buch "Deutsche Küche" von Christian Rach und Susanne Walter. Als bekennender Rach-Fan besitze ich vermutlich all seine Kochbücher, und an den meisten war auch Susanne Walter beteiligt. Ich hatte die Ehre und Freude, sie bei einem Kochwettbewerb, bei dem sie kurzfristig eingesprungen ist, kennenzulernen und meinen Kochplatz neben ihrem haben zu dürfen. Ein wunderbarer Mensch, tolle Köchin und Autorin! Wenn ich eine besondere Suppe oder Brühe suche, schaue ich immer gern in ihr "Brühen" - Buch.
Das aber nur am Rande, denn es geht ja um die "Deutsche Küche". Und hier ist der Buchtitel wirklich Programm, deutsche Traditionsküche durch und durch. Und zwar durch alle Gegenden und Regionen.
Grundsätzlich ist das Buch in 13 Kapitel aufgeteilt. Elf Kapitel sind nach Lebensmitteln geordnet, und zusätzlich bekommt die typische DDR-Küche mit Letscho, Leipziger Allerlei, Soljanka und Dergleichen ein eigenes Kapitel, wie auch die jüdische Küche. Darin zu finden sind in Deutschland beliebte Gerichte, deren jüdischen Ursprung heute viele vergessen haben, wie beispielsweise Latkes, eine Art Rösti/Kartoffelpuffer, mit Apfelmus. Ich als Saarländer bin damit tatsächlich aufgewachsen. Oder "Berches", ein jüdisches Festtagsbrot für den Schabbat, was auch heute noch im Südwesten Deutschlands mit auf den Frühstückstisch gehört.
Ich persönlich finde es auch angenehm, dass man sich nicht erst durch seitenlange Texte lesen muss. Eine kurze Einleitung von Herrn Rach, und dann geht es auch schon gleich los mit den Rezepten. Vor jedem einzelnen Kapitel gibt es natürlich noch kurze, informative Texte. So weiß ich nun auch, dank des "Butter, Käse, Quark" - Kapitels, woher die Redewendung "Alles in Butter" kommt. (Selbst nachlesen!)
Der Spargel bekommt sein eigenes Kapitel, darin auch z. B. ein Rezept für Königinnenpasteten mit Ragoût Fin. Viele mögen dieses leckere Gericht schon längst vergessen haben, aber so lange ich denken kann, war das zuhause schon immer unser Festmahl an Heiligabend. Für dieses Jahr hatte ich eigentlich erstmals andere Überlegungen. Aber wenn ich das hier so lese - die Rezeptierungen im Buch stammen von Susanne Walter -, denke ich, dass ich auch in diesem Jahr die alte Familientradition weiterführe, und zwar mal nach diesem Rezept (da habe ich bisher jedes Jahr variiert). Aber auch das pfiffige Rezept eines lauwarmen Spargelsalates mit Rhabarbervinaigrette, kombiniert mit Pinienkernen und Minze verlockt zur Nachahmung!
Es folgen "Erbsen, Linsen Bohnen" und "Gurken, Kürbis und Zucchini". Da springt mir gleich das Rezept "Linsen und Spinatspätzle mit geschmorten Karotten" allein schon optisch ins Auge, oder eine schicke Interpretation von "Birnen, Bohnen und Speck", natürlich dürfen in der Traditionsecke die Essiggurken oder eine Zucchinisuppe, hier mit geräucherter Forelle, nicht fehlen.
Selbstverständlich bekommt der Deutschen liebste Beilage ihr eigenes Kapitel. Was wäre die deutsche Küche ohne Kartoffel?! Zunächst auch toll, dass genaue Angaben zur Kartoffel gemacht werden, sogar nicht nur mehlig-, vorwiegend fest- oder festkochend, sondern teilweise auch Sortenempfehlungen. Oft steht in Rezepten ja einfach nur "Kartoffeln", obwohl das schon große Unterschiede macht. Und ob Thüringer Klöße, schwäbischer Kartoffelsalat oder Kartoffel-Steinpilz-Suppe, alle Traditionen und Vorlieben werden bedient, wie auch später im Kapitel "Brot und Kuchen". Denn was ist auf dem deutschen Tisch mindestens so wichtig wie Kartoffeln? Richtig, wir lieben Brot! Ich selbst könnte auf Vieles verzichten, nicht jedoch auf Brot. Hier liest man neben einem schönen Rezept für ein ordentliches, dennoch schnelles Sauerteigbrot, auch viele Rezepte zur Weiterverarbeitung oder Verwertung von gutem Brot. Zuvor kommen aber noch Kapitel über Kraut und Rüben, Traditionelles aus Fluss, See und Meer, Fleisch und Wurst. Viele Rezepte, die Erinnerungen schaffen, die Traditionen aufrechterhalten oder alte Traditionen auffrischen. Wenn ich beispielsweise das Rezept für Schaschlik sehe, denke ich gleich und gern an das Schaschlik zurück, das es in meiner Kindheit oft am Samstagabend gab, und ich denke sogleich, dass ich das unbedingt auch mal wieder machen muss. Eine sehr gute Anleitung finde ich ja in diesem Buch.
Auch werde ich von unserer Hamburger Verwandtschaft immer wieder gefragt, ob ich denn auch original Hamburger Labskaus kochen kann....bisher nicht, aber hier finde ich ein leicht umsetzbares Rezept dafür!
Generell muss ich an dieser Stelle mal sagen, dass es sich hier um ein Kochbuch mit klar und einfach formulierten Rezepten für jedermann handelt. Man braucht für die gute deutsche Küche keine Laborausstattung, verschiedenste Pülverchen oder ausgefallene Zutaten. Es ist ein Buch für den leckeren Alltag, selbstgekocht und nicht aus der Konserve.
Vor den bereits erwähnten Sonderkapiteln kommen die Süßmäulchen unter uns noch ganz besonders ins Schwärmen, denn hier geht es um Früchte, überwiegend Süßspeisen wie rote Grütze, Zwetschgenknödel, Apfelstrudel und solche Leckereien findet man hier.
Obwohl ich es kulinarisch liebe, auch in die Ferne zu schweifen, doch dieses Buch zeigt klar: Sieh, das Gute liegt so nah! (Um hier Goethe mal für meine Zwecke zu missbrauchen.)
Mit den vielen sehr schönen Naturaufnahmen und all den schmackhaften, unverschnörkelten Fotos der einzelnen Rezepte ein rundum gelungenes Buch in hochwertiger Aufmachung. Kein Wunder, dass es für den deutschen Kochbuchpreis in der Kategorie "Deutschland" dieses Jahr nominiert war und eine gute Platzierung erreicht hat. Meiner Meinung nach ein Buch, das die Grundlagen unserer deutschen Esskultur zusammenfasst und als Standardwerk in keinem gut sortierten Kochbuchregal, nein, in keinem Haushalt fehlen sollte! Klare Kaufempfehlung!
Deutsche Küche
Christian Rach & Susanne Walter
Südwest Verlag
1. Auflage, 30. August 2023
ISBN 978-3517102191
416 Seiten
59,00€
Fotos: Südwest Verlag
Text: Peter Zenner