Zu Gast im Restaurant storstad in Regensburg
Zu Gast im Restaurant storstad in Regensburg
Bevor das Jahr 2022 zu Ende geht wollten wir noch einmal verreisen und uns kulinarisch verwöhnen lassen. Unsere Wahl fiel auf Regensburg. Die Altstadt Regensburgs mit Stadtamhof (sic!) und damit über 1.000 denkmalgeschützte Gebäude zählen zum UNESCO-Welterbe. Die Regensburger Altstadt ist die einzige noch erhaltene mittelalterliche Großstadt Deutschlands, die gleichzeitig ein herausragendes Beispiel eines mittelalterlichen Handelszentrums darstellt. Regensburg war lange Zeit politisches Zentrum des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.
So ein Welterbe zieht natürlich auch jede Menge Touristen an, ein durchaus gewünschter Effekt. Für alle die derzeit nicht an eine Reise nach Regensburg denken, sich aber für das UNESCO-Welterbe begeistern habe ich einen Tipp. Nehmen Sie Mehl, Wasser, Salz und Hefe und bauen Sie Ihr persönliches Welterbe, ein Baguette.
Die UN-Kulturorganisation hat das beliebte Stangenbrot jetzt, als wir in Regensburg waren, zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit anerkannt.
Tatsächlich aber ist nicht das Baguette selbst gemeint, sondern Kultur und Handwerk des französischen Baguettes. Schließlich stehen auf der Liste des immateriellen Kulturerbes keine Gegenstände sondern Bräuche, Feste und Handwerkskunst.
Regensburg hat kulinarisch einiges zu bieten, auch im gehobenen Bereich, das fast wie selbstverständlich zu Anton Schmaus führt. Das Restaurant Storstad (stor|stad [²stọ:r‿sta:d] schwedische Gemeinde, in deren Einzugsbereich mehr als 200 000 Einwohner leben, Großstadt) sollte unser Ziel sein. Das Aska (Sushi) oder das Sticky Fingers, ebenfalls zu Schmaus gehörend, schauen wir uns vielleicht später einmal an.
Anton Schmaus wurde im Landhaus Feckl in Ehningen ausgebildet. Danach absolvierte er Stationen in St. Moritz und Stockholm, jeweils in besternten Restaurants. 2008, die wohl interessanteste Station, verschlug es ihn nach New York in das „Per Se“.
2009 eröffnete er das „Historische Eck“ in Regensburg, welches 2011 mit einem Michelinstern bedacht wurde. Nachdem Ende 2014 der Mietvertrag auslief eröffnete er das Restaurant Storstad im Goliathaus, einer imposanten, frühgotischen Hausburg. Schnell erkochte er auch hier den begehrten Michelinstern.
Schmaus ist außerdem Koch der Deutschen Fußballnationalmannschaft (früher: Die Mannschaft) worauf ich lieber nicht näher eingehe. Nicht, weil ich die Ernährung der Spieler und Betreuer in Zweifel ziehe, sondern weil ich der Versuchung widerstehen möchte, die zuletzt gezeigten Leistungen der Kicker zu kommentieren. Hier geht es vielmehr um Anton Schmaus als Küchenchef des Storstad.
Das Restaurant ist groß, hell, ansprechend eingerichtet und bietet bequeme Sitzmöbel. Ein skandinavisches Ambiente wird von den Bloggerkollegen landauf, landab bescheinigt. Wohl mehr der Tatsache geschuldet, dass Frau Schmaus Schwedin ist, als dass auf eigene innenarchitektonische Erfahrungen zurückgegriffen werden kann. Holz soll auch mal anderswo verarbeitet worden sein.
Der Empfang war freundlich und rasch stellte sich eine lässige Wohlfühlatmosphäre ein.
Die Küche grüßte mit einem hausgemachten Knäckebrot. Danach wurde ein Miesmuschelsalat mit Jakobsmuscheln, Fjordshrimps und Orangenfilets sowie ein mit Pulpo gefüllter Pfannkuchen und Miso serviert.
Saibling von der Fischzucht Birnbaum
Panta rhei, wusste schon der alte Heraklit. Alles fließt. In Epfenhausen bei Landsberg fließt auch alles und zwar bei der Fischzucht von Nikolai Birnbaum. Von dort kommt der hervorragende Saibling, dessen Filet roh mariniert und geräuchert vor uns liegt. Ferner erkennen wir Crème fraîche und eine Vinaigrette mit Bergamotte sowie karamellisierter Fenchelsaat.
Zur Einstimmung auf den nächsten Gang gab es etwas Zander auf geröstetem Schwarzbrot.
Zander
Der Zander ist, meiner Meinung nach, ein ausgesprochen schöner Fisch. Sein Körper ist grünlich grau-braun bis beigefarben, mit einem silberweißen Bauch. Die Rückenflosse ist teilweise transparent.
Das pochierte Teil des Fisches lässt zwar auf das Aussehen keine Rückschlüsse mehr zu, dafür schmeckt es uns aber besonders gut. Das liegt auch am herrlich gerösteten Rosenkohl, einem hervorragenden Räucheraalfond und dem roh marinierten grünen Apfel sowie Lardo di Collonata.
Schwarzfederhuhn
Ravioli gefüllt mit Ragout vom Schwarzfederhuhn, Frikasée, Schnittlauch, knusprige Hühnerhaut, N25 Kaviar
Das Poulet Noir Fermie als Ravioli zuzubereiten, hat mir ausgesprochen gut gefallen. Das Fleisch des Schwarzfederhuhns ist besonders saftig und schmackhaft. Die kreierte Kombination erwies sich als kulinarischer Volltreffer.
Das nachfolgende Short Rib wurde mit der geheimnisvollen blauen Kugel eingestimmt, die ich schon in meinem Instagramaccount vorgestellt habe.
Darin befand sich etwas Wagyu mit Buchenpilzen, Shiitake und Ingwer.
Short Rib
Geschmortes Short Rib vom Bayrischen Wagyu, gepickelte Myogawurzel, Aubergine, Shiitakejus, grüne Shiso
Ananassalat mit Raffaellocrumble und Kokosschaum als Vordessert.
Ananas
Tartelette mit karamellisierter Ananas, Tahiti-Vanille-Rumeis, junge Kokosnuss, Karamell-Bananensauce
Wein und Service:
2021, Müller Thurgau von Stefan Vetter, Franken
2019, La Combe du Temps Blanc, Domaine du Temps, Languedoc-Roussillon
2019, Dardera d’Alba Doc Paierolero Sottimano, Piemont
2018, Nin-Ortiz: Nit de Nin - Mas d'en Cacador
2018, Can Sumoi, Ancestral Montonega, Penedès
Die Servicecrew ist recht jung, gut gelaunt, ist freundlich und hilfsbereit ohne aufdringlich zu sein.
Die Weine harmonieren mit den Speisen. Das mag zurückhaltend klingen, ein Weinkenner wird nicht mehr erwarten. Was habe ich nicht schon alles für einen Blödsinn über Weinbegleitungen gelesen. Es gibt nicht d e n Wein für d i e s e s Gericht. Es gibt noch nicht einmal die eine Traube für ein bestimmtes Gericht.
FAZIT:
Auch ohne den Chef funktionierte die Küche zu unserer Zufriedenheit. Fast schon bemerkenswert ist die Tatsache, dass es keine überlangen Wartezeiten gab, wie wir sie zuletzt häufig zu beklagen hatten.
Die Gerichte sind ansprechend angerichtet ohne dekoriert zu wirken.
Die verführerische Breite aromatischer Eindrücke erstaunt uns. Die Kombinationen sind harmonisch ausgestaltet, nie überwürzt und vor allem erfreulich weltoffen. Kein Hang zur zeitgeistlichen Diktatur der Regionalität um jeden Preis.
Viel Freude hatten wir mit den kleinen Einstimmungen zu den einzelnen Gängen.
Anton Schmaus hat es geschafft, eine Küche zu entwickeln die man einfach nur genießen kann, ohne verkopfte Kombinationen auseinanderdividieren zu müssen, ohne mit oder gegen den Uhrzeigersinn aufzugabeln.
Der Genuss steht im Vordergrund. Eine Tatsache, die den Deutschen leider allmählich abhanden kommt.
www.bsteinmann-gourmet-unterwegs.de
Instagram: @gourmet_unterwegs