Zu Gast im Restaurant RARO in Schriesheim.
Zu Gast im Restaurant RARO in Schriesheim.
Wir waren am ersten Öffnungstag im RARO, im dem schon sehr vieles richtig läuft. Im Service und im Zeitmanagement ruckelt es verständlicherweise noch etwas. Die vereinzelten pre-openings, die von außen betrachtet Küchenpartys glichen, sind kein Vergleich zu einer Öffnung mit nicht geladenen Gästen.
Location
Der Mühlenhof ist eine ehemalige Kerzenfabrik. In dem Restaurant haben die Innenarchitekten ganze Arbeit geleistet. Die 14m hohe Halle verfügt über eine grandiose Akkustik. Die Musik war präsent (laut), aber nicht störend. Man konnte sich trotzdem easy über den Tisch unterhalten und von den Nachbartischen hat man nur etwas mitbekommen, wenn man bewusst hingehört hat. Hier kann sich eine Schwarzwaldhalle(stube) etwas abschauen. Die Einrichtung ist modern und dunkel gehalten, aber nicht ungemütlich. Es wird sich zeigen, wie sich der riesige Raum bei harten Minusgraden draußen verhält. Das ist das einzige Fragezeichen. Über den Abend gab es ein Beleuchtungskonzept. Ankommen hell, Essen leicht gedimmt, Dessert/Ausklang für meinen Geschmack zu dunkel. Das habe ich Herrn Dankelmann auch neben viel Lob als Feedback gegeben.
Kochstil
Dustin Dankelmann kocht in seinem „Farm to Table“ Konzept eine kreative französische Küche. Die Kreativität beschränkt sich aber auf den Einsatz der Produkte von seinen Äckern. Das Produkt ist der Star. Er verzichtet auf unnötigen Schnickschnack, Geltupfen und molekularen „Spielereien“. Vielmehr geht es um den Einsatz vergessener Sorten, (mir) unbekanntem Obst, Gemüse & Kräutern, oder der Verarbeitung von Bekanntem.
Service & Getränke
Hier besteht das größte Entwicklungspotential. Die Weinkarte ist (noch) sehr übersichtlich, mit 90-95% deutschen und 90-95% weißen Weinen. Ich habe mich schließlich für den 21er Chardonnay „Kapellenberg“ vom Weingut Seckinger aus der Pfalz entschieden.
Bei den alkoholfreien Getränken ist noch deutlich Luft nach oben. Ein mit Kohlensäure versetzter Saft eines regionalen Anbieters als Aperitif, Wasser, Apfelschorle aus dem Saft der eigenen Äpfel und Cola ist zu wenig. Ein angebotenes Wein-Pairing habe ich nicht erkannt.
Die beiden Damen im Service waren freundlich und bemüht. Es fehlt logischerweise bei einer Neueröffnung noch etwas das Eingespielte, die Routine in den Abläufen und die Gelassenheit. Eine gewisse Anspannung war schon zu spüren.
Ankommen
Für den Aperitif ging es in den Bar-/Lounge-Bereich auf die Empore über der Küche. Hier wurde uns auch der Warenkorb mit dem im Menü verwendeten, selbst angebauten Gemüse und Obst präsentiert und auch erklärt. Wir haben z. B. Tomatillo kennengelernt.
Mit einem Glas Champagner von Bollinger für mich und der alkoholfreien Alternative für meine Partnerin konnten wir runterfahren, entschleunigen und uns so noch besser auf den Abend einlassen. Hier gab es auch das „Rohkost-Amuse“, bevor es dann ins Erdgeschoss an den Tisch ging.
Das „Ankommen“ ist ein nicht zu unterschätzender Aspekt für einen gelungenen Abend. Dustin Dankelmann erklärte uns bei der Verabschiedung, dass er dieses Konzept der räumlichen Trennung im Restaurant Frantzén kennengelernt hat. Uns ist Ankommen in der Form bisher nur vom „Brut172“ von Hans van Wolde (Limburg, Niederlande) und von der Gud Stubb im „Intense“ (Pfalz) bekannt.
Das Menü
Mexikanische Minigurke, zweierlei Paprika, Rote Bete und Ringelbete, zweierlei Karotte, zweierlei Radieschen, Tomatillo, Feige
Rohkost mit etwas Fleur de Sel. Auf diesem Weg wird man mit dem puren Geschmack der später verarbeitet Produkte bekannt gemacht.
Blumenkohl auf Heu gegart mit Nussbutter, rosa Chinakohl, aufgeschäumter Hollandaise und einer Vinaigrette mit Ei und Semmelbrösel
Rogenmischbrot, Tomaten Focaccia, Blütenbutter
Vergessene Tomaten aus aller Welt mit Mara de Bois Erdbeeren, 13 Jahre gereiftem Balsamico, Magic Blue Basilikum und Zitronenverbene
Carpaccio von hocharomatischen Tomaten, dazu Tamatillo und eine Pinienkern-Vinaigrette
Tatar von der roten Bete mit Dijon Senf, geschmorten Sonnenblumen und Apfel-Kräuter -Sorbet
Hier zeigt sich wieder die Kreativität, die dem absoluten Wissen um die selbst angebauten Produkte entspringt. Sonnenblumenboden verarbeitet wie Artischocke. Das Sorbet war eine Aromenbombe.
Gegrillter Steinbutt mit gefüllter Zucchini-Blüte, Calamaretti, Artischocke und Paprikasud
Hier jetzt dann auch die Artischocke. Ein in sich absolut stimmiges Gericht.
Freiland-Schwarzfederhuhn von Siggi Ochsenschläger in zwei Gängen
- Brust mit Meterbohnen, Zucchini und brasilianischem Samtpfirsisch
- Ragout von der Keule mit Kartoffelpüree, Bohnen-Panasché, Krauser Glucke und Vin Jaune
Bei dem Gang kamen mir - auch ohne Trüffel - Erinnerungen an einen der Klassiker von Klaus Erfort, der ebenfalls in zwei Gängen servierten Bresse Poularde. Das gilt auch für die Saucen im ganzen Menü. Man merkt, dass Dustin Dankelmann auch den Saucier Posten bei Erfort inne hatte.
Getränktes Financier-Küchlein mit Physalis, Bananenmelonen-Sorbet und japanischer Yubari Gold Melone
Auch hier sind alle Hauptzutaten Made in the Länd (Baden-Württemberg)
Petit Four: Schokoladen-Haselnuss-Macaron und Windbeutel mit Erdbeer-Basilikum-Füllung
Restaurant RARO im Mühlenhof
Talstraße 188
69198 Schriesheim
Text und Fotos: Daniel Swoboda
Daniel Swoboda bei Instagram: @cookst_du