Zu Gast im Ox & Klee in Köln

Zu Gast im Ox & Klee in Köln
Das Ox & Klee verspricht seinen Gästen ein außergewöhnliches Geschmackserlebnis („Experience Taste“) in spektakulärer Umgebung.
Direkt am Rhein in den beeindruckenden Kranhäusern im Kölner Rheinauhafen begrüßt das Gourmetrestaurant seine Gäste in einem kunstaffinen Ambiente an den Wänden und auf den Tellern.

Man betritt die Location gleich durch mehrere beleuchtete Eingangsbögen. Auf der linken Seite lächelt Fernando Boteros Mona Lisa den Gästen entgegen. Und im ersten Stock im Restaurant hängt ein Bild von Leon Löwentraut, das später noch einmal größere Bedeutung erlangen soll.
Auch Chef Daniel Gottschlich inszeniert sich bereits auf der Webseite als Küchen-Künstler.
Sein Foto zwischen bunten Rauchwolken wirkt fast ebenfalls wie ein Gemälde und spielt hier sicher auf die Geschmacksexplosionen an, die die Gäste in seinem Restaurant erwarten dürfen.

Mein Platz im Ox & Klee liegt heute direkt an der großen Glasfassade mit Blick auf den kleinen Yachthafen.
Im Hintergrund leuchten die Big City Lights beim Übergang von der blauen Stunde zur Nacht. Und unter mir schaukeln die Schiffe seicht auf dem Wasser.
Ich scherze mit Sommelier John Riel Jahn, dass man hier sicher auch gut mit dem Boot zum Ox & Klee anreisen könnte. Worauf er mir entgegnet, dass ein Gast tatsächlich schon einmal aus Norwegen mit dem Schiff angereist ist, um hier zu essen. Oder besser gesagt, um das Menu zu erleben.

Kurz darauf geht es los mit dem ersten Gang. Und die Aperos sind nicht weniger spannend und mindestens genau solche Eyecatcher, wie die Location, Kunst und Aussicht.
In sechs Akten darf man sich von hinten nach vorne durch hübsche Pralinen, kleine Hörnchen, Cracker und andere Leckereien durchprobieren. Und kann dabei ebenfalls seine kulinarische Expertise testen. Denn die Appetizer aus Yuzu – Rosa Pfeffer, Rote Bete – Quinoa, Manchego – Tomate, Safran – Olive, Shitake – Lauch und Taleggio – Whisky bilden gleich zu Beginn alle Geschmacksrichtungen von sauer, fett über umami, bitter bis zu salzig und süß ab.

Und die Auflösung welche Geschmacksnuance welcher Apero repräsentiert, wird erst nach dem Verzehren aufgelöst. Unter den Schalen und Tellern warten passende Icons – und so die Auflösung.
Und deshalb habe ich hier auch die Reihenfolge verändert, um nicht zu viel zu verraten.

Für mich war das kleine kulinarische Ratespiel zu Beginn jedenfalls ein schöner spielerischer und sehr gelungener optischer Einstieg – und vermutlich auch schon eins meiner kulinarischen Highlights im Ox & Klee.
Der Restaurant-Name spielt übrigens auf die beiden Menu-Optionen an.
Das grüne Klee-Menu ist vegetarisch und beim OX-Menu kann man sich zusätzlich über Fisch und Fleisch freuen.
Ich habe mich bei meinem Besuch für das Ox-Menu mit einer zusätzlichen Speise aus dem vegetarischen Menu entschieden. Und kann einen solchen Tausch auch jedem empfehlen, da vegetarische Speisen inzwischen den nicht-vegetarischen mindestens ebenbürtig sind.

Im zweiten Gang kommt Gottschlichs künstlerische Ader schon wieder zum Vorschein.
Passend zum Kunstwerk von Leon Löwentraut hat er hier eine Gold glänzende Farbpalette auf die Wiese gezaubert.
Jeder Farb-Tupfer hat einen eigenen Geschmack, der über den beiliegenden Farbfächer nachgeschaut werden kann. Auch diese sechs Tupfer sind den Geschmacksrichtungen süß, sauer, bitter, salzig, fett und umami zugeordnet. Besonders gut haben mir dabei das „salzige Blau“ (Spirulina und Nori), das saure Gelb (Kalamansi und Kurkuma), das süße Rot (Marshmallow und Pimentón de la Vera) und das tief-schwarze umami (Lauch und Trüffel) geschmeckt.
Um die Zutaten rauszuschmecken kann man sich eine Spitze der Farbtupfer aufs Messer streichen und pur probieren. Oder man schmiert es (so ist es auch gedacht) auf das Brot, das sich unter dem schwarz-weißen Ox auf Klee-Foto-Print versteckt. Das Foto ist übrigens ebenfalls essbar.

Im dritten Gang geht es nur um den puren Genuss. Keine Frage, ebenfalls hübsch anzusehen, aber diesmal ohne Ratespiel oder farbliche Zuordnung zu den einzelnen Geschmacksrichtungen.
Bei dieser süß-sauren Geschmacksexplosion sollte man möglichst versuchen alles zusammen in den Mund zu befördern. So genießt man am besten die Makrele vereint mit unzähligen Geschmacksrichtungen und Texturen aus warm, kalt, würzig und dem Geschmack des edlen Fischs garniert mit Kaviar und den crunchigen Crackern on Top.
Es ist eine feine Geschmacksexplosion. Für mich allerdings mit ein wenig zu starkem Salzgehalt, der für mich gern etwas sparsamer eingesetzt werden könnte.

Als nächstes folgt eine Trüffelpasta mit üppig drüber geriebenen Trüffeln, wo die Pasta fast vollständig unter den frisch geraspelten Trüffeln verschwindet.
Damit das Gericht aber nicht zu herzhaft wird, wurden der Pasta eingelegte Vogelbeeren und Wasserkastanien hinzugefügt – auch um dem Ganzen noch ein wenig fruchtige Frische zu verleihen.
Ein wahrer Gaumenschmaus, der (wie viele Gerichte hier) allerdings auch ganz schön deftig daher kommt.

Und so ist mir nach diesen beiden recht fetten und würzigen Feuerwerken nach einem erfrischenden Getränk. Und da tut nun ein „Virgin Campari“ sehr gut.
Inspiriert vom Campari ist dies die Variante aus der alkoholfreien Begleitung.
Mit Fenchel, Pampelmuse und Angelikawurzel ist dieser leicht bittere, fruchtige Kontrast zu den Speisen ein schöner „Neutralisator“ bevor es mit dem nächsten Gang weitergeht.
Die alkoholfreie Begleitung wurde federführend von John Riel Jahn entwickelt, der mich auch heute sehr passend bei den Getränken berät und mit dem Virgin Campari genau die richtige Idee hatte.
Zwischen den Gängen kann man sich die Zeit mit den „Geschmacksfächern“ vertreiben.
Ähnlich zu den Farbfächern aus dem Brot-Gang findet man hier kurze Erläuterungen zu den unterschiedlichen Geschmacksrichtungen. Ich möchte nicht zu viel verraten. Aber hier werden kleine Anekdoten und Weisheiten zu süß, sauer, bitter, scharf, umami und fett beschrieben und erklärt. Z.B. warum man süß so liebt und welche Funktion Bitterstoffe im Kontrast dazu haben.

Die Aubergine ist mein heutiges Supplement aus dem vegetarischen Klee-Menu und ein weiteres geschmackliches Highlight. Als „spannendste“ Speise aus dem vegetarischen Menu von der Küche für mich ausgewählt und empfohlen, beeindruckt mich der würzige Geschmack der Aubergine sehr.
Die 72 Stunden im Dörrer getrocknete Aubergine mit Koriander, Mohn, Jalapeno, Togarashi, Physalis und Palmherz verfeinert, ist die nächste leicht scharfe, würzige und salzige Geschmacksexplosion. Allein der Salzstreuer ist mir hier erneut ein bisschen zu stark zum Einsatz gekommen.

Im fünften Gang folgt Hummer. Und auch wenn dieses Gericht als Hommage an das gemeinsame Koch-Erlebnis Gottschlichs mit dem amerikanischen Star-Koch Anthony Bourdain (dessen Konterfei auch auf dem Krustentier-Cappuccino abgebildet ist) gedacht ist, trifft diese Neuinterpretation trotz Yuzu und Kaki mit Kale, Aal und vermutlich durch die eher rauchigen, bitteren Noten leider nicht so ganz meinen Geschmack.

Kurz darauf mache ich dagegen ziemlich gute Bekanntschaft mit dem „Halven Hahn“ im Ox & Klee-Style.
Hier steigt meine Begeisterung gleich wieder aus mehreren Gründen.
Der „Halve Hahn“ ist ein echter Kölschen Klassiker, der bei nicht Einheimischen gern mal ordentlich Verwirrung stiftet. (Und der unter normalen Umständen eher nicht auf meinem Teller landet.) Für alle, die mit der kölschen Kulinarik jenseits von „Himmel un Ääd“ nicht vertraut sind: Ein „Halver Hahn“ ist ein halbes Röggelchen (Roggen-Brötchen), das üblicherweise mit Butter, ein bis zwei dicken Scheiben mittelaltem Gouda-Käse (Kies), saurer Gurke und Senf (Mostert), zum Teil auch mit in Ringe geschnittenen rohen Zwiebeln (Öllich) und einer Prise Paprikapulver serviert wird.
Der Name „Halver Hahn“ geht auf den Kölschen Humor zurück, da sich ein Brauerei-Gast Ende des 19. Jahrhunderts zu einer Feier den Spaß erlaubte für seine Gesellschaft 14 halbe Hähne zu bestellen. Wie mit dem Köbes (Kölscher Kellner) jedoch verabredet, kamen eine halbe Stunde später dagegen eben jene 14 „Röggelche met Kies“ – was zu großem Gelächter unter den Gästen führte.
Und später zu eben dieser Tradition, die Röggelchen immer wieder unter dem Namen „Halve Hahn“ zu bestellen und zu servieren.
Das Röggelchen und die eher streng schmeckende Käsesorte gehören normalerweise nicht unbedingt zu meinen Lieblingsgerichten. Hier abgewandelt und mit kleinem Showeffekt serviert, gefällt mir die Idee und Umsetzung dagegen sehr gut. Schon allein deshalb, weil ich es immer sehr mag, wenn man lokale Speisen in Gourmet-Restaurants verfeinert und mit einem Augenzwinkern neu und witzig interpretiert.
Und hier im Ox & Klee kommt dann auch tatsächlich ein „Halber Hahn“ auf den Tisch. Das ist eine halbe Hahn-Figur mit einem ganz besonderen Hahnenkamm. Denn über Kopf und Schnabel befindet sich hier und heute der „Kies“ (Käse), der als Fingerfood mit Panko-Mehl ausfrittiert und mit dem Schaum vom 5 Jahre gereiften Gauda zum Röggelchen gereicht wird. Und auch das Röggelchen ist hier auch kein trockenes Brötchen vom Vortag, sondern kommt als flüssiger Röggelchen-Sud. Dazu erfrischt zusätzlich ein Gurken-Schalotten-Relish.

Die Weinbegleitung wird in diesem Gang auch durch Kölns „flüssiges Gold“ und Nationalgetränk (Kölsch) ersetzt. Denn das Kölsch ist und bleibt (auch nach vielen anderen Versuchen) laut Service die einzig passende Begleitung zu diesem einzigartigen Gericht.
So wird man nach dem Gang mit diesem Kölschen Klassiker auch ortstypisch „jefracht, ob et juut war?“ Und die kurze und einfache Antwort lautet: „War juut.“

Nach dem lokalen Intermezzo wird es beim Hauptgang noch einmal „wild“ und man verlässt die Großstadt für einen außergewöhnlichen „Waldspaziergang“, der bei mir in bleibender und besonders guter Erinnerung bleibt.
Dazu begibt man sich mit dem Service in einen kleinen imaginären Fichtenwald.
Hier wartet schon ein Lagerfeuer-Tartelette mit Hirschragout, das auf einer Pilz-Mayonnaise liegt und unter der gläsernen Rauchglocke hervorkommt. Das Tartelette ist mit Fichtenholz geräuchert. Und hier finde ich das rauchige Aroma grandios und perfekt zum Tartelette passend.
Zu diesem Gang entscheide ich mich noch für ein weiteres Getränk aus der alkoholfreien Begleitung. Der Drink mit Mandarine, Sellerie und ein bisschen Chili passt mir sehr gut zum Hauptgang (auch optisch) und bringt zusätzlich fruchtige Frische und leichte Schärfe ins Glas.
Daneben befindet sich eine Maronen-Praline gefüllt mit Reh-Tartar umgeben von Maronen-Glasur und Blattgold verziert.
Der abschließende Höhepunkt sind für mich heute zwei Stücke vom Rehrücken sous-vide-gegart so wie man sie nicht besser bekommen kann. Daneben fasziniert mich ein selbstgemachtes Knochenmark. Es besteht außen aus Maronen-Mousse, innen aus Quitten-Salat und getoppt wird es mit einem Pilz-Crumble.
Eine Reh-Consommé mit Fichtenöl komplettiert dieses kulinarische Vergnügen.
Eine herausragende Kombination und mein Favorit des Abends.

Gang 8 sorgt für ein süßes Finale und eine gute Nacht.
Das Rote Bete-Dessert mit Betelblatt, Kuromame (schwarze Sojabohnen), besonderem Lapsang Souchong-Tee aus Chinas Fujian-Provinz entführt mich noch einmal in ein neues Geschmackserlebnis mit weniger bekannten und seltenen asiatischen Zutaten.
Das Engelshaartörtchen daneben mit Granat-Apfel und Nashi-Birne ist ein süß-saurer und so schön knuspriger Abschluss, dass es schwer fällt den Abend hier und heute im Ox & Klee nun zu beenden.

Immerhin: Vier Pralinen vom Klee und Ox gibt es kurz darauf für den Heimweg noch in einer Box. Oder für alle, die es nicht erwarten können, direkt zum Verspeisen im Restaurant.
Hier wird Name und Konzept vom Ox & Klee noch einmal abgerundet mit jeweils zwei kunstvoll bemalten Pralinen mit Ochsenmark mit dunkler Schokolade und grünen Klee-Pralinen mit weißer Schokolade.
Text und Fotos © Nils Hohnwald
DÜSCOVER DÜSSELDORF:
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