Zu Gast im Restaurant 1831 - Schlosshotel Hugenpoet - Essen

Zu Gast im Restaurant 1831 - Schlosshotel Hugenpoet - Essen
Mein nächster kulinarischer Trip nach Essen führte mich diesmal ins Restaurant 1831 im Schlosshotel Hugenpoet. Hier serviert Chef Dominik Schab und sein Team klassisch moderne Küche mit spannenden und anspruchsvollen Crossover Elementen.

Das imposante Wasserschloss aus dem 17. Jahrhundert in Essens historischem Stadtteil Kettwig ist besonders im Frühling eine Reise wert. Wenn der Privatpark aufblüht, kann man hier vor dem Dinner noch eine Runde drehen und später die Aussicht ins Grüne aus dem Wintergarten des Restaurants noch bis kurz vor 21 Uhr genießen.

Im Park begegnet einem auch gleich der Namensgeber des Schlosses.
Ein Steinfrosch hockt neben einer Pusteblume am kleinen Teich und weist so dezent auf den Ursprung des Namens „Hugenpoet“ hin. Denn diese ursprüngliche Bezeichnung bedeutet nichts anderes als Krötenpfütze.
Froschschenkel werden hier allerdings nicht serviert (zumindest nicht an diesem Abend).
Dagegen freue ich über viele andere kulinarische Highlights aus unterschiedlichsten Regionen und Zutaten zwischen holländischem Ijsselmeer, koreanischem Kimchi, regionalem Spargel und sogar Einflüssen aus der Levante.

Den Auftakt macht um kurz nach 18 Uhr der Gruß aus der Küche mit hübsch angerichteten und verzierten Blumenkohlröschen auf einem Tartelette. Dazu wird koreanischer Kimchi auf einem silbernen Löffel und ein Hörnchen mit einigen Überraschungen gereicht, die hier nicht verraten werden sollen. Alles in allem ist es ein gelungener Start mit knusprig-süßen, würzigen und leicht scharfen Elementen, die Lust auf mehr machen.

Um 18.31 Uhr wird dann warmes Champagner-Roggen-Brot mit Bärlauch-Öl und aufgeschlagener Butter serviert bevor es danach mit dem ersten Gang ein paar Minuten später so richtig losgeht.

Aubergine mit Tomate, Ayran und Tahini
Baba Ghanoush, ein Klassiker aus der Levante, wird hier in einer Sphäre mit einer halben Aubergine, Tomate, Ayran und Tahini gereicht. Aubergine und Baba Ghanoush sorgen für den würzigen Auftakt während Ayran den milden und passenden Kontrast bietet.
Die vielen Geschmacksaromen wärmen an einem kühlen Frühlingsabend nicht nur den Körper, sondern auch das kulinarisch Gemüt.
Es ist ein schönes Zusammenspiel aus süßlich-würzigen Aromen von Sesam und Aubergine und einer leicht bitteren Note, die durch kleine Blätter vom Frisée-Salat hinzugefügt wurden.
Für das komplette Geschmackserlebnis und ein wenig Kribbeln auf der Zunge nimmt man am besten gleich mehrere Zutaten auf einmal in den Mund und genießt.

Ijsselmeer Zander mit Zeeuwse Auster und Kohlrabi mit Blaubeere
Kurz vor 19.31h verschönert mir ein zur Rose geformter Ijsselmeer Zander die Aussicht.
In der Kombination mit einem „Doppeldecker“ von Kohlrabi mit 14 Monate fermentierten Umeboshi-Blaubeeren ist das eine genauso hübsch aussehende, wie geschmacklich passende Kombination, die mir sehr gefällt.
Es ist ein süß, saurer, salziger Zander-Mix mit mild-fruchtigen Aromen von Kohlrabi und Blaubeeren.
Auch hier ist der ganze Kohlrabi verarbeitet, berichtet mir die Service-Dame. Und das unterstreicht sozusagen auch beim Gemüse im 1831 den „Nose to Tail“-Ansatz. ;-)

Optisch und geschmacklich wird der Zander von einer Zeeuwse Auster begleitet, die durch den Zusatz eines Grapefruit Gels allerdings ziemlich bitter daher kommt.
Der Kohlrabi-Blaubeer-Zander-Mix hat mich dagegen sehr überzeugt.

Spargel, Bärlauch und Passionsfrucht
Um 19.51 Uhr kommt der Spargel „angerutscht“. Die zwei Stangen verlieren ein wenig den Halt als die junge Service-Dame etwas zu schwungvoll servieren möchte. „Oh, das ist jetzt nicht so schön für’s Foto“ entgegnet sie mir etwas zerknirscht. Und ich stimme ihr schmunzelnd zu.
Zum Glück hat der Teller hohe Ränder, so dass alles „im Rahmen“ und das kleine Malheur ein kleines bleibt. Und even better:
Das Gericht passt nicht nur perfekt zur Spargelzeit, sondern ist mit würziger Bärlauch-Sauce und süßem Passionsfrucht-Gel on top auch geschmacklich ganz weit oben. Angeröstete Spargelstückchen, die Geschmacksträger für die Sauce sind, geben dem Gericht noch ein wenig Knack. Sonnenblumencreme bringt ein nussiges Aroma und sorgt zusammen mit der Dill- und Bärlauch-Sauce für ein echtes Good-Mood-Food.

Ambiente und (alkoholfreie) Drinks
Auch das Ambiente im Wintergarten des Schloss Hugenpoet ist sehr ruhig und angenehm.
Recht exklusiv und elegant, aber nicht zu hochtrabend oder steif präsentieren sich Restaurant und der Service.
Gerade durch den sehr engagierten und bestens informierten Sommelier, entsteht eine sehr persönliche und professionelle Atmosphäre.
Nach meinem Aperitif (Crémant Rosé) „wage“ ich danach zwei „Experimente“ von der alkoholfreien Karte, die vom Sommelier mit großer Leidenschaft selbst entwickelt wurden.
Zum Spargel mit Bärlauch empfiehlt er mir einen frischen, grünen Drink mit grüner Paprika, Topaz- und Granny Smith-Apfel sowie schwarzem Pfeffer, der mich sehr positiv überrascht.
Vor allem weil es grüne Paprika bei der Trikolore aus gelb, grün und rot im Supermarkt meist am schwersten hat, bin ich heute überrascht, warum die grüne Paprika überhaupt so ein schlechtes Image hat.
Sie gilt zwar als die gesündeste von allen dreien. Geschmacklich findet man dagegen eher selten Liebhaber dieser „Frucht“. Im Mix mit den beiden Apfelsorten und Pfeffer im Glas, ist sie in diesem Zutatenmix heute zu den würzigen Speisen ein schöner, erfrischender Kontrast.
Nicht ganz so sehr trifft die zweite alkoholfreie Empfehlung meinen Geschmack.
Ein aufwendig produzierter Grapefruit-Shrub mit Buttermilch und drei unterschiedlichen Säure-Arten (von der Grapefruit, Buttermilch und Essig) klingt spannend, ist für mich aber mindestens mit einer Säure-Art zu viel „ausgestattet“. Einen Mix aus Buttermilch und Grapefruit mag ich sehr gern. Der zusätzliche essiggesäuerte (Haupt-)Bestandteil des Shrubs ist mir aber leider etwas too much.
Und so schwenke ich später dann doch lieber auf einen Riesling um, der mir zum Stubenküken empfohlen und serviert wurde.

Hummer mit Kerbelwurzel und Finger Lime
Vorher werde ich noch mit einem exquisiten Hummer-Mix mit Kerbelwurzel und Fingerlime verwöhnt. Der zarte Hummer „badet“ in würziger XO-Sauce aus Jakobsmuscheln und roten Garnelen und wird umgarnt von Tortellini mit Kerbelwurzel-Füllung, die ihres gleichen sucht.
Die cremige Kerbelwurzel-Füllung der Tortellini schmeckt süßlich-nussig und ist für mich der außergewöhnliche Begleiter zu diesem Gericht.
Komplettiert wird dieser Gang von weiß-glänzenden Perlzwiebeln und nur noch durch die Finger Lime-Perlen übertroffen.
Das sind noch kleinere Perlen, die ihren feinen Limettengeschmack erst beim draufbeißen freigeben. Fast wie Kaviar nur mit erfrischend fruchtiger Säure, die einen wunderbaren Kontrast zu Fisch- und süßen Aromen bildet. Also bloß nicht einfach runterschlingen, sondern achtsam auf jeden Bestandteil beißen und probieren, was dieser zu bieten hat…

Stubenküken Grüner Spargel Erbse Morchel Mole
Abwechslung und Niveau hoch zu halten und den Erwartungen der Gäste nachzukommen, ist in Fine Dining Restaurants nicht immer ganz so einfach. Hier gelingt es allerdings in besonderer Weise.
Das Finale mit Stubenküken, grünem Spargel, Erbse, Morchel und Mole toppt das bisherige fast noch einmal.
Auf dem großen Teller grüßt die Brust und ist einfach köstlich und überzeugt mit Festtagsaromen.
Das Stubenküken wurde als Ganzes an der Karkasse gegart, danach wird die Brust ausgelöst.
Und darunter befindet sich ein Ragout aus Morcheln, Spargel und Erbsen mit einer kräftigen Sauce dazu.

Auch wenn das ganz schön lecker ist und bei jedem Festtag serviert werden könnte, ist für mich der heimliche Star heute aber die Keule weiter hinten auf dem kleinen Teller.
Mit südamerikanischen Einflüssen, Panko Panade und dunklem Herbsttrompetenstaub, der dem ganzen noch etwas mehr Erdigkeit verleihen soll sowie der Mole nebendran, ist das beim genüsslichen Finale echtes Soulfood.
Eigentlich ein Streetfood, verleiht diese panierte Stubenküken-Keule mit fruchtig-saurem Salzzitronen-Gel diesem exklusiven Dinner im Schloss Hugenpoet zusätzlich einen herausragenden Abschluss ohne Allüren.
Obwohl man hier sehr experimentierfreudig ist und neue, ungewohnte Geschmacksaromen und Zutaten und Kombinationen ausprobiert, war es für mich zu keiner Zeit zu experimentell oder übers Limit hinaus.
Und auch die Desserts verschlechterten den positiven Eindruck keinesfalls.

Rhabarber Veilchen Jasmin
Auch hier gibt es wieder einen großen „Hauptteller“ und ein Add-On hinten links.
Zuerst erwartet mich im letzten Gang beim süß-sauren Finale ein relativ puristisch gehaltenes Dessert mit einem pochierten Rhabarber-Balken mit roh marinierten Rhabarber-Spiralen on Top.
Angegossen wird der Rhabarber mit einem Rhabarber-Jasmin-Sud, um eine feine zitrische Blumigkeit auf dem Gaumen zu erzeugen. Kombiniert wird der Rhabarber mit einem Veilchen-Eis mit Topfen auf ein wenig Crumble. Und dieses Veilchen-Eis ist heute mein Favorit bei den süßen Nachspeisen.
Sehr intensiv im Geschmack und bisher noch nie auf meinem Teller beim Fine-Dining gelandet, kickt vor allem diese Kindheitserinnerung an Viola-Bonbons mit Veilchenblütenöl bei mir voll rein.

Dazu gibt es noch einen kleinen lauwarmen, blau „leuchtenden“ Topfen-Donut mit kandiertem Veilchen-Staub serviert. Kaum zu glauben, sorgen ausschließlich die natürlichen Farben der Veilchenblüte für dieses erstaunliche Blau – und so für den optischen Höhepunkt beim Dessert.
Die Kombination aus lauwarmem Donut und kaltem Veilchen-Eis ist dazu ein feines, kontrastreiches Zusammenspiel der Texturen zum Ende des Abends. Das allein würde mich schon sehr glücklich das Schloss verlassen lassen – wenn nicht noch drei Teller mit Petit Fours an den Tisch gebracht würden.

Petit Four
Auch am Ende überlässt man hier nichts dem Zufall und überzeugt noch ein letztes Mal mit kulinarischer Handwerkskunst und viel Liebe zum Detail.
Fatalerweise starte ich zum Schluss mit dem Chili-Mango-Macaron. Fatalerweise deshalb, weil ich üblicherweise kein großer Macaron-Fan bin. Hier ist es aber fast das Beste auf den letzten Tellern. Und das Beste lasse ich mir normalerweise gern bis zum Schluss.
Aber auch die anderen kleinen Leckereinen und Abschiedsgrüße sind nicht weniger gelungen.
Das gilt für die Optik, wie für den Geschmack. Genauso beim Cherry-Lolly und ganz besonders für die eckige Sauerampfer-Praline und das köstliche Canelé.
Ein rundum gelungener Abend mit neuen kulinarischen Highlights endet für mich um 22.31 Uhr und mit Bedauern, dass dieser Abend im Schloss Hugenpoet nun zu Ende ist und ich die Heimreise antreten muss.
Wer nach dem Essen nicht mehr die Heimreise antreten möchte, kann es sich übrigens auch im historischen Schloss bequem machen. Das Restaurant 1831 gehört zum Schloss-Hotel und so kann man nach dem außergewöhnlichen Schmaus direkt in die Gemächer und in die bestimmt sehr weichen Kissen fallen.
Text und Fotos © Nils Hohnwald
DÜSCOVER DÜSSELDORF:
Instagram: @duescover_duesseldorf“
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