Im Restaurant Hannappel in Essen
Im Restaurant Hannappel in Essen
Januar ist für mich die trostloseste Zeit des Jahres. Alles grau in grau, dazu eisiger Regen, der sich ab und zu auch mal in Schnee umwandelt. An Rhein und Ruhr entpuppt er sich dieser leider seltener zu einem weißen, sonnigen Panorama. Viel zu oft und viel zu schnell wird der Schnee hier dagegen zu braunem Matsch und lässt das Leben zu Beginn des Jahres noch etwas trostloser erscheinen.
Dazu die ganzen Diät-Tipps und der Dry January… Ein Jahr könnte besser beginnen, wenn es nach mir ginge… ;-)
Nicht nur unter diesen Umständen erinnere ich mich allzu gern zurück an meinen Besuch Ende Dezember im Hannappel, der mir die dunkle, graue Jahreszeit wesentlich erträglicher gemacht hat. Und den ich auch im Januar Jedem nur empfehlen kann – trotz all der guten Vorsätze, die sich meist eh spätestens im Februar wieder auflösen. Warum also so lange warten? ;-)
Denn im traditionsreichen Fine-Dining-Restaurant in Essen erwartet die Gäste ein köstliches, modern interpretiertes und farbenreiches Menü, das Gaumen und Gemüt aufhellt – sicher nicht nur zu dieser Jahreszeit. Aber jetzt ganz besonders.
Gestartet hat das Hannappel vor fast 100 Jahren im Jahre 1908 als gemütliche Eckkneipe. Die Ruhrgebietskneipe wurde bisher im Familienbesitz geführt und in vierter Generation von Knut Hannappel ab 1993 in ein mehrfach ausgezeichnetes Fine-Dining-Restaurant umgewandelt.
Anfang 2025 wurde bekanntgegeben, dass nun Chefkoch Tobias Weyers und Sommelier sowie Restaurantleiter René Silva Sampaio das Restaurant von Knut Hannappel nach gut 30 Jahren übernommen haben. Die beiden wollen ab jetzt ihre Vision mit frischen Ideen umsetzen. Das ist schon im Dezember 2024 gelungen und man darf gespannt sein, wie sich das Restaurant in Zukunft entwickelt.
Vorher folgen aber erst noch meine Erfahrungen von meinem Besuch Ende Dezember.
Bei weihnachtlich-winterlicher Dekoration durfte ich mich über ein herausragendes Dinner von Chefkoch Tobias Weyers freuen.
Das Hannappel gehört mit dem goldenen H-Logo, den türkis-blauen Sitzgelegenheiten, stilvollen Möbeln und dem eleganten Design zu den eher gediegenen, klassischen Fine-Dining-Adressen – allerdings mit einem jungen, modernen Touch. Insgesamt strahlt das Restaurant mit gedimmtem Licht eine sehr gemütliche Atmosphäre aus.
Neben den Speisen ist hier auch das Händchen für die sehr gelungene Auswahl der passenden Teller hervorzuheben. Jeder Gang kommt in den perfekt gewählten Schalen, Platten und Tellern.
Mit drei Grüßen aus der Küche startet der Abend. Darunter zwei Crustards u.a. mit Petersilienwurzel-Creme, eingelegter Johannesbeere, Lachstatar und Forellen-Kaviar. Das zweite Crustard war gefüllt mit Kaninchen und ein paar weiteren Überraschungen, die hier nicht alle verraten werden sollen.
Als drittes grüßt ein Garnelen-Tatar mit gebranntem Knoblauch, Senf, gerösteter Haselnuss, Kerbel-Gel und Öl mit indischer Vadouvan Beurre blanc.
Und dann geht es erst mit dem ersten regulären Gang los:
Was auf der Karte so nüchtern als (Gelbschwanz-)Makrele, Quitte, grüne Paprika angekündigt wird, entpuppt sich als gebeizter Hamachi (ein japanischer Edelfisch), mariniert mit Perlhuhn-Garum und Kafir-Limette. Dazu Meerrettich-Eis und eingelegte Dillblüte, die mit einem Sud aus grüner Paprika, Quitte und Jalapenio verfeinert wurde. Ich liebe solche unterschiedlichen Mixturen aus Fisch, warmen, säuerlichen, scharfen, süßen und würzigen Aromen, die mit kühlender Eiscreme on top kombiniert werden.
Bei Gang Zwei stehe ich dann vor einer recht schwierigen Entscheidung.
Seeteufel, Blumenkohl und Buttermilch muss leider dem Hummer, Trüffel und Wagyu weichen.
Diese Interpretation von Surf ’n’ Turf klingt für mich noch etwas spannender und ist geschmacklich nicht zuletzt durch die Verfeinerung mit Honig sehr besonders. Mir ist das Gericht insgesamt aber leider etwas zu salzig gewesen und dadurch nicht ganz der erhoffte Höhepunkt im Menu geworden.
Ein anderes Highlight folgt aber schon direkt danach. Und das kommt aus dem vegetarischen Menu.
Im Hannappel gibt es nämlich nicht nur zwei unterschiedliche Menus (omnivor und vegetarisch). Man kann auch munter zwischen den beiden Menus wechseln und einzelne Gänge tauschen.
Denn Pilz, Kohlrabi und Käse hat mich an diesem Abend nicht ganz so angesprochen, wie die vegetarische Alternative mit Pilz, Kirsche und Brioche. Und das ist gut so. Denn der vegetarische Fois Gras-„Nachbau“ ist nicht nur einer meiner optischen Highlights an diesem Abend, sondern überzeugt mich auch geschmacklich voll und ganz.
Das tiefrote Kirsch-Gel und die violetten Blüten über der Pilzcreme ergeben ein kleines Kunstwerk, das fast zu schade ist, mit der Gabel „zerstört“ zu werden.
Unangerührt lassen sollte man es aber auf keinen Fall, denn geschmacklich ist es mindestens so gut wie es optisch anzuschauen ist. Auch die geröstete Brioche am Rand passt perfekt dazu.
Fast noch besser gefällt mir, dass man sich im Hannappel vor ein paar Jahren dazu entschlossen hat „echtes“ Fois Gras von der Karte zu nehmen und es durch vegetarische Alternativen zu ersetzen.
In Gang vier folgt Rind, Kartoffel-Risotto und Rauchaal. Ein interessanter Mix und ganz schön gut.
Bei mir kommen (im Gegensatz zu Florian Wirtz) Kartoffeln aber nicht unbedingt auf die 1. ;-)
Und vielleicht kickt dieser Gang deshalb nicht ganz so sehr bei mir, wie die Speise davor und der Hauptgang danach…
Denn die Ente mit Kohl und Pflaume, die nun serviert wird, überzeugt mich restlos.
Zartes Entenfleisch mit würzigen Saucen und ein paar Tropfen Pflaumen-Öl sind ein absoluter Gaumenschmaus zum Abschluss der Hauptspeisen. Dabei ist v.a. das Pflaumen-Öl herauszuheben, das der Sauce Hollandaise eine ganz besondere Note gibt, die dem Gericht einen Hauch von Marzipangeschmack verleiht.
Passt perfekt in diese Jahreszeit und löst in mir ein warmes, wohliges Gefühl aus. Weihnachten kam an diesem Dezembertag so schon etwas früher.
Danach folgte noch eins der schönsten Food-Ensembles, das ich 2024 auf meinem Teller hatte.
Das Dessert mit Apfel, Fichte und Marzipan wärmt, kühlt und erfrischt zugleich mit seinen winterlichen und süß-sauren Einflüssen.
Dabei grüßt zurzeit eigentlich das Schokoladen-Dessert als prachtvoller Eyecatcher auf der Startseite der Hannappel-Webseite. Und in solchen Momenten bekomme ich auch immer ein bisschen ein schlechtes Gewissen, wenn ich von der vom Restaurant angepriesenen Speise abweiche.
Schokoladen-Desserts interessieren mich allerdings eher selten und schon deshalb habe ich mich für die Apfel-Fichte-Marzipan-Variante aus dem vegetarischen Menü entschieden – und es nicht bereut.
Denn auch diese ist nicht weniger ein Hingucker in warmen Gelb- und hellen Bernsteintönen mit grünen, braunen und violetten Elementen ergänzt. Und auch geschmacklich war der Mix ein Traum aus süßen, leicht sauren und winterlichen Aromen.
Im Detail konnte ich mich hier über Bratapfel mit Rum-Rosinen-Eis und Marzipan-Mousse mit Apfel-Füllung freuen, das mit Fichten-Gel und Fichten-Öl mit einem Apfel-Vanille-Sud serviert wurde.
Im Hannappel war ich über meine Alternativen aus dem vegetarischen Menu insgesamt sehr glücklich, da sie wohl mehr meinen Geschmack treffen als die Varianten aus dem omnivoren Menu (ohne das natürlich bestätigen zu können, da ich sie nicht gegessen habe).
Außerdem freut es mich auch immer wieder zu sehen, wie viel man aus vegetarischen und veganen Speisen zaubern und so auch weiter zu einer nachhaltigeren Ernährung und weniger Tierleid beitragen kann.
Die „Dienste“ von Sommelier und Restaurantleiter René Silva Sampaio habe ich bis auf den Aperitif leider kaum in Anspruch genommen, obwohl ich beim Service an den Nachbartischen seine sympathische und freundliche Expertise immer wieder mitbekommen konnte.
Das liegt zum einen daran, dass ich bis auf Ausnahmen kein großer Weintrinker bin. Und ich mich im Hannappel außerdem für zwei der alkoholfreien Getränke entschieden habe.
Das kann ich jedem auch nur empfehlen. Denn die Mix-Getränke sind so außergewöhnlich gut und wurden bereits ausgezeichnet.
Ein Magazin hat die Drink-Kreationen von Tobias Weyers sogar schon in die Top 10 der alkoholfreien Drinks in Deutschland gewählt. Und auch wenn ich noch nicht so viele Vergleiche habe, kann ich nur bestätigen, dass die alkoholfreien Getränke hier außergewöhnlich gut sind und man im Hannappel zumindest mal ein, zwei Getränke von der vielseitigen Karte probieren sollte. Nicht nur jetzt im „Dry January“.
Meine Getränkewahl fiel auf Traube, Gelbe Beete mit BBQ-Öl. Und als zweites entschied ich mich für Rotkraut, Apfel mit Vanille.
Aber auch Quitte mit Kamille und fermentierter Paprika klingt genauso gut wie Molke, Thymian und Bergamotte sowie Dill, Johannesbeere und Alge. Letztere wird im Restaurant auch gern als „Dillonade“ bezeichnet.
Hier gilt also genau wie bei den Speisen, dass man zumindest mal den einen oder anderen Getränke-Gang tauschen sollte, um in den Genuss dieser spannenden Drinks zu kommen.
Ob Weintrinker oder nicht: Die alkoholfreien Drinks würde ich mir nicht entgehen lassen.
Diese sind echt großartig. Und da hätte ich gerne mehr probiert.
eim Ausklang haben mir zwei von drei Petit Fours super super geschmeckt (das zweite super ist kein Tippfehler, sondern soll meine große Begeisterung zum Ausdruck bringen) und ließen mich eigentlich wunschlos zurück.
Bei Nougat-Espuma mit Himbeeren-Sorbet und dem Crustard mit karamellisierter Schokolade und Pistazienschaum kann ich nicht sagen welches mir besser geschmeckt hat. Sie waren beide super lecker.
Nur das dritte (und ausgerechnet das letzte), der etwas rauchige Lapsang-Souchong-Ganache-Windbeutel mit Trüffel zum Abschluss war leider nicht so meins. Das liegt vermutlich v.a. daran, dass ich bei Süßspeisen insgesamt kein großer Fan von rauchigen Aromen bin.
Wo ich sonst gern experimentierfreudig bin und mich über ausgefallene Ideen und Speisen aus Fernost sehr freue, wäre mir hier etwas anderes zum Schluss lieber gewesen.
Vielleicht wäre für mich allein schon eine andere Reihenfolge bei den Petit Fours besser gewesen.
Daher wäre eine offene oder andere Reihenfolge vielleicht ein Tipp für den Ausklang, wenn Gäste nicht so gerne rauchige Aromen mögen und etwas anderes zum Abschluss bevorzugen.
Aber da gibt es sicher auch andere Gäste, die das ganz anders sehen und für die das der perfekte Abschluss ist. Geschmäcker sind eben verschieden.
Aber bitte weitermachen mit solchen Experimenten! Denn dafür kommen wir ja in diese Art Restaurants, um neues auszuprobieren – auch wenn eine Speise mal nicht dem eigenen Geschmack voll und ganz entspricht.
Text und Fotos © Nils Hohnwald
DÜSCOVER DÜSSELDORF:
Instagram: @duescover_duesseldorf“
SPICY TRAVEL BLOG