Im Ox & Klee in Köln
Im Ox & Klee in Köln
Über die Küche eines Ausnahmetalents.
Pralinen mit Senf oder Röstzwiebeln, Banane mit Forelle, Mais im Dessert. Läuft einem da nicht bereits beim Lesen das Wasser im Mund zusammen? Nein? Sollte es aber, denn Daniel Gottschlich und seinem Küchenchef Erik Schmitz gelingt es im Kölner Restaurant Ox & Klee daraus hervorragende Gerichte zu zaubern! Doch dazu später mehr.
Das Restaurant befindet sich im ehemaligen Zollhafen (Schokoladenmuseum!) im 1. Stock eines modernen Gebäudes und bietet einen schönen Blick auf den Rhein, der allerdings durch Jalousien etwas verdeckt wird. Das Restaurant ist sehr reduziert eingerichtet und wirkt fast etwas kühl. Geschmackssache.
Dem gelernten Energieanlagen-Elektroniker und Schlagzeuger Gottschlich war der Weg zum Zwei-Sterne-Koch nicht vorgezeichnet, hat er doch keine nennenswerten Stationen in seiner Vita, die auf einen automatischen Erfolg im Sternehimmel hindeuten. Hier hat sich jemand mit einem individuellen Stil nach oben gearbeitet und nicht „bloß“ einen Lehrmeister kopiert. Beeindruckend! Bei jedem Gang ist spürbar, dass Gottschlich ein unglaubliches Talent dafür besitzt, neue, aber vor allem stimmige Aromenkombinationen zu entwickeln.
Wir wählen das 6-Gang-Menü, das nur unter der Woche angeboten wird. Dazu die wirklich hervorragende Saftbegleitung.
Als Snack vorab kommt eine Auswahl von sechs Kleinigkeiten, die den Geschmacksdimensionen – sauer, süß, umami, bitter, fett und salzig – entsprechen sollen. Das ist vom Konzept her schön gedacht, aber die Abgrenzung fällt teilweise schwer. Würde es ihnen etwa auffallen, wenn Sucuk und Sardelle als umami deklariert würde und nicht als salzig? Das trübt die Freude jedoch nur unwesentlich, denn die Snacks sind durchgehend gelungen. Besonders gefällt uns, dass sich hier endlich mal ein Sternkoch traut, auch etwas Schärfe einzusetzen. Grandios ist das Fett: zartschmelzender Èpoisses mit einer Pistaziencreme und Traubengel.
8/10 Punkte
Diese 6 Geschmacksdimensionen sollen, so das Konzept des Restaurants, in allen Gerichten des „Experience-Menüs“ vorkommen.
Als Gruß aus der Küche bekommen wir anschließend ein DIY-Burger-Set. Aus gedämpftem Tomatenbrötchen, eingelegtem Kohlrabi, geschmortem „Ox“ und Miso-Mayo darf man sich Fast-Food Deluxe zusammenbasteln. Das macht Spaß und schmeckt! Schön auch, wie der Name des Restaurants hier aufgegriffen wird.
8/10 Punkte
Wunderschön angerichtet ist der erste Gang aus Makrele, N25 Kaviar, Rindermark, schwarzen Bohnen und Kopfsalat. Die erfrischenden Sphären aus Salat platzen schön im Mund. Das Bergamottegel bringt allerdings nur Säure und kaum Aroma. Schade, denn aromatisch hätte es mit den erdigen Tönen der Bohnenpaste gut harmoniert. Das niemand Bergamotte-Seife essen möchte ist klar, aber merkwürdigerweise ist dies nun schon das zweite Restaurant innerhalb weniger Wochen, bei dem ich Bergamotte nur auf der Karte wahrnehme. Vielleicht muss sich aber auch der Tester auf eine partielle Zitrusfrucht-Wahrnehmungsschwäche untersuchen lassen!
Unter dem köstlichen Kaviar versteckt sich eine Scheibe Rindermark, die aufgrund der wohl falschen Esstechnik des Kritikers am Ende noch teilweise übrigblieb. Kaltes Rindermark ist indes pur genossen eher irritierend als erfreulich. Vielleicht wäre das Gericht auch ohne den kulinarischen Verweis auf den Restaurantnamen ausgekommen. Insgesamt aber ein guter Gang zwischen Frische und Umami, der Lust auf mehr macht!
7/10 Punkte
Als Zwischengang kommt ein „Maggi-Ei“ mit Liebstöckel-Tapioka und Eischaum. Eine schlotzige Umamibombe!
8/10 Punkten
Der nächste Fischgang naht. Sehr gut gebratener Rochenflügel mit Macadamia, Passionsfrucht und schwarzem Knoblauch. Auch hier zeigt der Koch seine Vorliebe für die Textur „cremig“ (Lauchcreme, Macadamiacremesauce, Creme aus schwarzem Knoblauch), wodurch die Aromen etwas verschwimmen. Eher irritierend ist der frittierte Fenchel, der ein wenig an Sandkörner erinnert. Hier fehlt ein verbindendes Element zwischen den Texturen. Es knirscht buchstäblich. Die Maracuja fühlt sich in ihrer Gelscheibe leider etwas eingesperrt und will ihre Aromen nicht so richtig freigegeben. Das ist schade, denn sie wäre der ideale Ausgleich für die cremig-fettigen Komponenten dieses Gerichts. Die Präsentation ist auch hier wieder bildhübsch.
6/10 Punkte
Der grandiose Höhepunkt des Abends zeigt, dass man für gutes Essen keine Luxusprodukte braucht, sondern vor allem einen guten Koch mit einem Gespür für Aromatik! Schweinekinn vom Ibericoschwein (Fett), mehrere Stunden gekocht und dann doppelt frittiert (Fett, Fett) wird wunderbar von der bitteren und sauren Grapefruit gekontert, die als Sphäre mit Filets und als Sorbet serviert wird. Cremiges Linsenpüree vermittelt wunderbar zwischen den beiden. Auch die gepickelten Zwiebeln und die Vogelmiere passen sich harmonisch perfekt ein. Weltklasse! Für mich jetzt schon eines der kulinarischen Highlights des Jahres!
10/10 Punkte
Als kleiner Zwischengang folgt ein „Halver Hahn“ aus geröstetem Brot mit Goudacreme, Senf und Gürkchen. Dazu gibt es ein kleines Kölsch. Ein schöner Gang mit Augenzwinkern.
8/10 Punkte
Als Hauptgang wird zweierlei Lamm mit Süßkirschen, Zwiebelpüree, Gundermann und Thaipfeffer serviert. Die Lammjus ist wunderbar tief und komplex. Ihre Mächtigkeit wird toll durch die Schärfe des Thaipfeffers aufgelockert. Das Zwiebelpüree ist perfekt dimensioniert und bringt Röstaromen mit sich. Erneut ein Gang der aromatisch sehr harmonisch ist. Eine Überlegung wäre vielleicht gewesen, die Süßkirsche mit Sauerkirsche zu kombinieren, um der süßen Schwere etwas entgegensetzen zu können. Ein toller Gang, der Freude macht!
9/10 Punkte
Das Predessert vom erst 28 Jahre alten Patissier Hannes Radeck aus Limelon (einer Melonenneuzüchtung) Eukalyptussud und einer Mousse aus Petersilienwurzel und Valrhona Orelys ist grandios! Wer einmal in eine rohe Petersilienwurzel gebissen hat wird sich vielleicht an die kampferartig-harzigen Noten erinnern, die eine ideale Schnittstelle zum Eukalyptus bilden.
10/10 Punkte
Wer hätte gedacht, dass Mais und Johannisbeeren so gut zusammenpassen? Das Dessert aus Mais, Safran, Johannisbeeren, Dulcey und Lorbeer beweist es jedenfalls! Die Aromen harmonieren wundervoll, aber nicht alle Komponenten sind gleich gut. Der Halbkreis aus Popcorn-Ganache schmeckt ein wenig fad und wirkt durch das Popcorn etwas „grisselig“, die leichten Noten nach Safran und Kurkuma überzeugen aber.
Die mit Johannisbeere überzogene Kugel aus Orelys-Schokolade schmeckt köstlich und ein wenig salzig. Davon hätte ich auch noch weitere essen können! Toll sind die kleinen Geschmacksblitze in Form des Lorbeer-Baisers. Die kleinen Blättchen aus Jiaogulan (Unsterblichkeitskraut) sind leider recht bitter und stören eher das Geschmacksbild. Während die bitteren Komponenten (wir erinnern uns, die sollten in jedem Gang auftauchen) bei den vorherigen Gängen spannende Akzente setzten und Spaß machten, wirkt der Einsatz des Jiaogulan hier eher etwas erzwungen. Fazit: Ein mutiges Dessert, das insgesamt sehr gut gelungen ist. Einzig das Unsterblichkeitskraut hätte besser schon auf dem Weg auf den Teller das Zeitliche gesegnet.
8/10 Punkte
Das Menü endet wie es begonnen hat: Mit einem „Experience Taste“ der sechs Geschmacksrichtungen, diesmal in Pralinenform. Insbesondere die Kombinationen Sanddorn/Senf (sauer), Lakritz/Kirsche (Salz), und Kokosnuss/weißer Trüffel (Fett) wissen hier zu überzeugen.
8/10 Punkte
Das Experience-Menü im Ox & Klee macht Spaß und ist eine wunderbare Reise durch ungewöhnliche Aromenkombinationen.
Zu Recht gehört es zu den besten Restaurants in Deutschland!
Restaurant Ox & Klee Köln
Im Zollhafen 18
50678 Köln
Tel: +49 (0) 221 16 95 66 03
Text + Fotos (c): Tobias Henrichs