Im Maerz - Das Restaurant in Bietigheim
Im Maerz - Das Restaurant in Bietigheim
Von geadeltem Hüttenkäse und einer Nelke als Geniestreich.
In nur fünf Jahren vom Beginn der Ausbildung bis zum ersten Stern? Benjamin Maerz vom Restaurant „Maerz und Maerz“ in der schönen Altstadt des schwäbischen Städtchens Bietigheim hat dieses Kunststück fertiggebracht. Beeindruckend! Zusammen mit seinem Bruder Christian Maerz, der als Serviceleiter und Sommelier einen hervorragenden Job macht, betreibt er das Restaurant seit 2010.
Die Einrichtung des Restaurants ist in Holz, Blau und Metalltönen geschmackvoll gestaltet. Eine gemütliche Atmosphäre.
Zwei 5-Gang-Menüs gibt es zur Auswahl, davon eines ohne Fleisch, aber mit Fisch und Krustentier. Ich wähle das Menü II mit allem Getier für faire 119 Euro. Los geht’s!
"Erlebnisse zuvor"
Das Menü beginnt mit einem sehr schüchternen Gurkensüppchen, das mit Gurkenwürfeln, Zitrusaromen, Meerrettich und etwas gehacktem Dill angereichert wurde. Etwas mehr Salz und Säure hätten dem Selbstbewusstsein des Gerichts sicherlich gutgetan.
Ergänzt werden die „Erlebnisse zuvor“ durch ein köstliches Speckbrot, zu dem sich ein wunderbar zarter Büffelschinken, standesgemäß auf einem Knochen serviert, gesellt. Gewürzbutter und Kräutercreme sind eine schöne Ergänzung.
Der Brotchip mit Tomatencrumble und Saibling, schön auf einem Stein im Heubett serviert, hat das Umami, was der Suppe fehlte. Wer gerne Nachos und Co. mag, wird hier Spaß haben!
7/10
Als Gruß aus der Küche kommt eine frittierte Zucchiniblüte die mit ihrer älteren Schwester in Kugelform in einem gut balancierten Ponzusud schwimmt. Das asiatische Thema wird durch Furikake (Sesam, Seetang, Soja, Salz…) vollendet, das unglaublich viel Umami enthält. Einziger Kritikpunkt: Zu lecker, als dass man sich mit der kleinen Portionsgröße zufriedengeben möchte!
8/10
Sehr hübsch präsentiert sich der Saibling mit einer Mütze aus Hüttenkäse und Rettich. In seinem Sud aus Limette und Nelken fühlt er sich pudelwohl. Schön, dass sich Benjamin Maerz traut, ein vermeintlich einfaches Produkt wie Hüttenkäse so zu adeln. Eine spannende Textur. Als Geniestreich stellt sich die Nelke heraus, die sowohl zu den Rettichgewächsen als auch zum Saibling hervorragend passt. Sehr gelungen!
9/10
Nachdem nun bereits über 2 ½ Stunden vergangen sind, freue ich mich auf den Flusskrebs. Aber wo ist er denn? Erleichterung, er hat sich nur gut im Mohnmantel und zwischen Kürbis, Karotte und Quitte versteckt. Puh! Beim Probieren der ersten Gabel stellt sich erneut diese Frage, denn er geht völlig unter. Allein schon der Mohn ist so dominant, dass das feine Krebsaroma keine Chance hat. Schade! Die sehr ähnlichen Texturen von Kürbis, Karotte und Quitte verschwimmen überwiegend zu einem Einheitsgeschmack, der leider stark durch Gemüsefond dominiert wird. Vielleicht hätte man noch leicht gepickelte rohe Möhre, stark gerösteten Kürbis oder fein geschnittenen Quittenspeck als Abwechslung einbauen können? Der Senfcaviar ist unangenehm bitter, vor allem wenn man bedenkt, dass er so angerichtet ist, dass man einen Bissen mit fast der Hälfte Senf erwischen kann.
5/10
Die Vorfreude auf die Ochsenbacke hielt schon den ganzen bisherigen Abend an, denn was gibt es Schöneres als wenn das Fleisch sich leicht mit der Gabel lösen lässt und im Mund fast schmilzt! Köstlich!
Leider reichten aber die 24 Stunden bei 64° C nicht um das Kollagen zu besiegen, so dass dieses sich erfolgreich im Mund gegen die angreifenden Zähne zu Wehr setzten konnte. Die Details dieses Erlebnisses sollen Ihnen hier lieber erspart werden.
Wunderbar ist die so gar nicht weiße „Beurre Blanc“ mit Bohnenkraut. Ein buntes Sammelsurium aus dem Bohnenbeet und wilder Brokkoli passen sich gut ein.
6/10 (wäre die Backe richtig gegart gewesen: 8/10)
Als Hauptgang wird ein schönes Stück Büffel vom Bodensee serviert, an den reichlich (den Schwaben freut es!) von der köstlichen Jus gegossen wird. Dazu gesellen sich Kartoffeln in verschiedenen Texturen und Nektarine.
Perfekt harmonieren die Röstaromen der fast schon schwarz gerösteten Kartoffel mit der hauchdünn aufgeschnittenen Nektarine (rechts). Frittierter Reis gibt noch mal eine andere Textur.
Auf der linken Seite findet sich ein Kartoffelsalat, auf dem eine Kartoffeltasche (Samosa) thront. Während die rechte Seite sehr zu überzeugen wusste, kann ich mich mit der linken Seite nicht so anfreunden. Der Kartoffelsalat schmeckt recht behäbig und von der Kartoffeltasche bleibt vor allem ein Geschmack nach Frittierfett. Das ist mir persönlich zu eindimensional.
7/10
Als Käsegang, ein Dessert gibt es in diesem Menü nicht, wird von Benjamin Maerz Brillat Savarin mit Birne, schwarzem Trüffel und Salzmandel kombiniert. Hinzu kommt noch ein Sud mit Chai Latte. Die Aromen verbinden sich hervorragend und sind gut balanciert. Die Salzmandeln auch noch in Stückchen als Texturelement einzusetzen, hätte eine zusätzliche Dimension gebracht.
7/10
Das Menü endet etwas abrupt mit einem Glas mit Korkdeckel, dessen Funktion sich mir nicht recht erschließt. Habe ich da eine Referenz nicht verstanden? In dem Glas gesellen sich rote Früchte zu Honigperlen und einem Champagnersud. Die Honigperlen, die laut Packungsangabe (Sie werden auch im Restaurant verkauft) Thai-Aromen aufweisen sollen, sind vor allem plump scharf. Das Ganze ist leider nicht so meines. Vielleicht Geschmackssache.
4/10
Fazit: Im Maerz und Maerz erhält man ein gutes Menü mit freundlichem Service und einer kompetenten Weinberatung zu einem fairen Preis. Der Fischgang ist grandios gelungen und definitiv eine Reise wert. Vermeidbar wären jedoch Dinge wie das noch sehnige Bäckchen oder der sehr bittere Senfcaviar.
Maerz - Das Restaurant
Kronenbergstr. 14
74321 Bietigheim-Bissingen
(0 71 42) 4 20 04
Text + Fotos (c): Tobias Henrichs