Ein Abend im Lakeside - The Fontenay Hamburg
Ein Abend im Lakeside - The Fontenay Hamburg
Mehr als ein großes Zimmer mit Aussicht.
Unsere Reise nach Hamburg hatte sich verzögert, da ein freier Tisch im Restaurant Lakeside Vorbedingung war. Ein Unterfangen welches Geduld erforderte. Nun war es endlich soweit und wir betraten das lichtdurchflutete Hotel The Fontenay in Hamburg. Das „Lakeside“ bietet Fine Dining auf einem guten Niveau und einen tollen Blick auf die Außenalster und die Stadt. Küchenchef Julian Stowasser ist der verantwortliche Mann im mit einem Michelinstern ausgezeichneten Restaurant.
Ein Blick auf Stowassers bisherige Stationen lässt erkennen, warum die Kritik ihn lobt und ihm viel zutraut. Im Restaurant „Weinsinn“ in Frankfurt am Main erkochte er einen Michelinstern und wurde vom Gault&Millau als Aufsteiger des Jahres 2020 in Hessen ausgezeichnet. Er war im Restaurant „Bareiss“ in Baiersbronn tätig und von 2012 bis 2014 Chef de Partie im Restaurant „Aqua“ in Wolfsburg. Es folgte das Restaurant „Atelier“ im Hotel Bayerischer Hof in München, wo er unter Küchenchef Jan Hartwig dazu beitrug, drei Sterne zu holen. Für diejenigen Leser, die wie ich die australische Stadt Sydney toll finden sei noch erwähnt, dass Julian Stowasser bei dem weltberühmten Küchenchef Tetsuya Wakuda in dessen „Tetsuya’s Restaurant“ ein Gastspiel gab.
Chef-Sommelière im The Fontenay ist „Master Sommelier“ Stefanie Hehn. Ein eher seltener Titel, den sich die Sommelière erworben hat und der anscheinend dringend gegendert werden müsste. Mit Stefanie Hehn konnte ich im letzten Jahr ein interessantes Interview führen, das nachzulesen sich lohnt. magazin/interview-mit-stefanie-hehn
Bereits die obligatorischen Küchengrüße zeigen den modernen Stil der Küche, handwerklich perfekt, geschmacklich intensiv und von erwartbarer hoher Produktqualität.
Orientalische Wassermelone mit griechischem Joghurt -
Profiterole mit Aal - Kirschmacaron mit Gänseleber
Lauwarmer Saibling in Holundersauce und mit Holunderblüten
Bei unserem Besuch wurde ein Menü mit maximal sechs Gängen angeboten. Das ist grundsätzlich ausreichend, auch wenn mich à la carte sehr anspricht. Schon häufig habe ich gehört, dass das gern gesehene junge Publikum, sozusagen die Gästeschar von morgen, Menüs bevorzugen würde. Glaubhafter ist allerdings die Tatsache, dass die Logistik und die besser zu handhabende Kalkulation der Menüs gegenüber à la carte die wesentlicheren Argumente sind.
Wagyu Filet Roh
Imperial Kaviar, Crème fraîche, Rote Bete
Das Wagyu-Tatar wird ummantelt mit einer zarten Haut aus Roter Bete. Ein vorzüglicher Einfall.
Crème fraîche wird mit Schnittlauch vermählt, wobei die zurückhaltende Verwendung der Kulturpflanze dem Geschmack zugute kam.
Gillardeau Auster
Schweinebacke, Pistazie, Tomate
Seit 1898 züchtet die Familie Gillardeau in Bourcefranc-le-Chapus im Südwesten Frankreichs Austern von besonders hoher Qualität.
Die Auster schmeckt so wie Austernfans es mögen und weniger der Auster zugeneigter Esser es befürchten, nussig, süßlich und nach Jod, leicht glibberig und nach Salzwasser. Für manche eine dekadente Delikatesse, andere wiederum betrachten sie als Grundnahrungsmittel.
Doch Stowasser belässt es nicht dabei. Zwar erweitern die oben aufgeführten Zutaten das Aromenspektrum beträchtlich, allerdings vermisse ich die Harmonie im Zusammenspiel.
Zander
Kimchi, Sesam, Pak Choi
Das Ganze wird in Kimchiöl angebraten und mit einer Farce von Garnelen versehen. Vervollständigt wird das Gericht mit einem Ananas-Karottensalat
und angegossener Tom-Kha-Gai.
Eine insgesamt köstliche, meisterlich zubereitete und den Puls der Zeit treffende Kreation in einer leider allzu klein geratenen Portion.
Atlantischer Rochen
Bouchot-Muscheln, Aubergine, Amalfi-Zitrone
Angerichtet wird der Rochen in einer Bouillabaisse mit Bouchot-Muscheln.
Den Frische-Säurekick bringt die Amalfi-Zitrone. Ein insgesamt sehr gelungenes und geschmackvolles Gericht.
Lammhaxe mit einer grünen Gazpacho wurde ebenfalls gereicht.
Die Fütterung entscheidet letztlich über den Geschmack der Lämmer. Eine Binsenweisheit. Das Limousin-Lamm weidet auf Heidelandschaften und Grünflächen des Departements Limousin in Mittelfrankreich und hat einen intensiven und charakteristischen Eigengeschmack. Das Fleisch ist zart und saftig. Ein echter Genuss.
Die Kreation ist Stowasser überaus gut gelungen. Das Hauptprodukt ist unaufdringlich und so wird eine gustatorische Harmonie deutlich erkennbar.
Weiße Schokolade
Erdbeere, Tonkabohne, Kalamata Olive
FAZIT:
Stowassers Kreationen sind geschmacksintensiv, haben französische Wurzeln und sind erfreulich weltoffen. Zu dieser Weltoffenheit, die man im Übrigen der ganzen Hansestadt zuschreibt, gehört natürlich auch, dass mit Regionalität nicht kokettiert wird wie beispielsweise in Berlin üblich.
Seine Handschrift ist konsequent zeitgemäß, so habe ich gelesen. Viel Lob und dennoch sagt es wenig aus über die Klasse des Küchenchefs. Talent, Handwerk und Kreativität sind reichlich vorhanden. Stowasser wird seinen Weg machen, wie man so schön sagt.
Der Abend hat uns jedenfalls gefallen. Die engagierte Servicecrew, vor allem Chef- und Master-Sommelière Stefanie Hehn und der traumhafte Blick auf die Außenalster beeinflussen das Erlebnis Gastronomie enorm.
Text und Fotos © Bernhard Steinmann
www.bsteinmann-gourmet-unterwegs.de