Im Kettner's Kamota in Essen-Werden
Im Kettner's Kamota in Essen-Werden
Essen-Werden wird jeden Besucher, besonders von außerhalb, verblüffen. Essen, das ist doch die Stadt mit Kohle, Eisen und Stahl. Abgesehen davon, dass Essen nicht mehr so ist, war Werden noch nie so, wie man sich das Ruhrgebiet vorstellt. Hier wurde 900 ein Benediktinerkloster gegründet, hier erinnern noch heute pittoreske Fachwerkhäuser an andere Zeiten. In einem dieser Fachwerkhäuser finden wir nach einem kleinen Spaziergang über altes Kopfsteinpflaster „Kettner’s Kamota“.
In einem Restaurant, in dem ein Österreicher österreichisch (und mehr) kocht, muss ein bisschen Schmäh einfach sein und so hat Jürgen Kettner‘s Kamota nicht nur den Zusatz „Küss die Hand“, sondern der Patron sagt es auch gerne und oft. Was natürlich nicht unbeträchtlich zur lockeren Stimmung beiträgt.
Die empfing uns direkt am Eingang, als wir an einem Freitagabend zu viert das Restaurant betraten. Die Wände in einem dunklen Anthrazitgrünton geben dem Raum eine behagliche Note, die röhrenförmigen, modernen Lampen über den blanken Tischen setzen das Wesentliche in Szene – die Speisen. Zur Begrüßung gab es vorab frisches, knuspriges Brot und dann ging es auch schon mit dem „Küss die Hand Brett“ (ich sage doch, gerne und oft) vielversprechend los: Ein dreischichtiger Erdapfelschmarrn mit pochierter Eigelbcreme, Marchfelder Artischocken mit Gölles XA Essig und eine Safransauce mit Safran aus Graz – „einstechen und alle Schichten genießen“ – Jürgen Kettner begleitet gerne den Service und erläutert selber die Speisen. Der Stolz besonders auf die steirischen Zutaten war unüberhörbar und die Freude, uns wieder einen der Gänge aus der Kreativabteilung zu präsentieren, unübersehbar. Eine feine Sache, wenn man den Meister höchstpersönlich fragen oder sogar ein Schwätzchen halten kann. Gerade diese Nahbarkeit passt zur ungekünstelten Atmosphäre und hat uns ausgesprochen gut gefallen.
Die Küchengrüße waren ansprechend: Wurzelspeck mit Gurkenkimchi, Gurkensorbet und ein mildem Pfefferonischaum (übrigens eine Kombination, in der asiatische Elemente auf österriechische treffen – spannend!) . . .
. . . sowie eine Feuerbohnenmousse, die durch Pfefferoni einen rassig-scharfen Twist bekam, und in knusprige Crackerschalen gefüllt war.
Ich werde nun mitnichten alle Speisen des wunderbar stimmigen Menüs aufführen, denn ich finde, das ist für jeden, der nur lesen und gucken darf, etwas langweilig. Vielmehr soll die Bildauswahl zum Besuch von Kettners Kamota animieren. Denn der ist auf jeden Fall empfehlenswert. Es gab praktisch keinen Gang, der abfiel. Alle Kompositionen ließen erkennen, wieviel Sorgfalt auf die Zusammensetzung gelegt worden war.
Einige der Gänge werden auf einem Teller angerichtet serviert und warten darauf fair geteilt zu werden. „Sharing is caring“ klingt so schön, kostet allerdings anfangs ein bisschen Überwindung, weil man die so schön angerichteten Speisen ganz schnöde halbieren muss. Zum Glück bekommt jeder sein eigenes Dessert, denn von brüder- oder schwesterlich teilen wäre sonst bei mir wohl keine Rede gewesen.
Ach ja, und wer jetzt noch wissen möchte, was es denn mit dem etwas asiatisch anmutenden Restaurantnamen auf sich hat: „Kamota“ war irgendwann mal französisch und hieß dort „kommod“, daraus wurde dann ein echtes steirisches „schön und gemütlich“ – passt.
Kettner's Kamota
Hufergasse 23
45239 Essen
Telefon: 0201 72044700
Text und Fotos © Andrea Reichelt , Thomas Kipper