Im Goldenen Anker bei Björn Freitag
Im Goldenen Anker bei Björn Freitag
Ideal für alle, die locker entspannt, superlecker essen gehen wollen.
Obwohl kaum ein Gourmetrestaurant von meinem Wohnort aus näher liegt als der „Goldene Anker“ von Björn Freitag, haben wir es aus unerfindlichen Gründen erst jetzt geschafft, mit unserem bekannten Gourmet-Trio dort essen zu gehen. Na gut, einer der Gründe ist die Schwierigkeit, ohne fast monatelangen Vorlauf am Wochenende einen Tisch zu bekommen. Das Problem umgingen wir geschickt, indem wir einfach drei Wochen vorher für einen Dienstagabend reservierten. Der aktuellen Corona-Situation begegnet man im Hauptraum, der in schlichter Moderne eingerichtet ist, mit unauffälligen Plexiglaswänden, die die einzelnen Tische und Sitznischen abtrennen. Dass die Damen und Herren im Service alle eine Gesichtsmaske tragen, gehört ja inzwischen zum Alltagsbild, und tut dem entspannten Gesamteindruck keinerlei Abbruch.
Aus dem angebotenen Menü konnte man sich seine eigene Speisefolgemit vier bis sieben Gängen zusammenbauen. Nach der Getränkewahl ging es auch fix los: Verschiedene Küchengrüße wurden serviert, jeder für sich wunderschön anzusehen und ein facettenreicher Querschnitt der Küche, die ganz ohne Dogma daherkommt, in der Regionales ebenso seinen Platz findet wie internationale Elemente. Ein kreativer Roter Faden zieht sich durch die Kombinationen und macht immer wieder neugierig, was denn das nächste Amuse bouche sein mag.
In der Bilderfolge sind Gerichte aus dem Menü enthalten, die meine Begleitung gegessen hatten. Diese wollte ich jetzt ungern textlich beschreiben, sie werden daher der Vollständigkeit halber aufgeführt und weil sie einfach sehenswert angerichtet wurden.
Den Anfang machte ein mit mit Aalsalat gefüllter Brotchip, der auf einer kleinen Tasse mit Milchschaumsuppe mit Süßkartoffel lag, ...
gefolgt von einer feinen Kalbszungensülze auf einem Öl von Grüner Sauce. Zu einem genial guten Sylter Weißbrot wurde Trüffelcreme gereicht und …
der letzte Gruß aus der Küche war ein Tatar vom Thunfisch mit eingelegter Gurke, Granatapfelkernen und Koriander-Mayonnaise.
Entenleber Parfait mit Safran Brioche, geräuchertem Birnengel und Zwiebelmarmelade.
Tranche vom Bio Lachs und Tatar vom Heilbutt mit Allerlei vom Kürbis
Eine der Vorspeisen, Königberger Klops mit Imperial-Kaviar in einem Schaum mit gerösteten Kapern auf Kartoffelstampf, warf die Frage auf, wieso man Königsberger Klopse bisher immer ohne Kaviar gegessen habe, so überzeugend war die Komposition.
Loup de Mer mit Schmelze von confiertem Paprika
auf Risotto mit Cashewkernen und Staudensellerie
Von den Hauptspeisen sei exemplarisch das gebratene Zanderfilet an einer Champagnersauce mit Kürbiskraut und La Ratte Kartoffel erwähnt. Jeder Gang hatte seinen eigenen Reiz, jeder war handwerklich hervorragend. Wir erkannten eine durchgehend hohe Qualität, hatten allerdings auch keinen absoluten „Ausreißer“ nach ganz, ganz oben dabei. Mir persönlich gefiel an dem Menü, dass es bei aller Kreativität immer Bezug zur herbstlichen Jahreszeit hatte und trotz aller Raffinesse auf wohltuende Art „normal“ blieb.
Zweierlei vom Milchkalb
mit Sellerie, Artischocke und Perlzwiebeln
Auswahl feiner Käse
vom Tölzer Kasladen
Zwetschge / Walnuss / Nussbutter / Portwein
Nach einem schönen Pre-Dessert, einem Birnenkompott-Sorbet mit einer Ganache von Dunkler Schokolade, ...
… wurden zum bestellten Cappuccino noch ein Petit Four und ein Salzkaramell-Trüffel gereicht, diesmal – das war in der Dorstener Hochgastronomie nebenan ja nicht der Fall – auch für unseren Freund, der grundsätzlich keinen Kaffee zum Abschluss trinkt.
Wirklich einziger Kritikpunkt war der Umgang mit einer kleinen Reklamation. Ich hatte – Ruhrgebiet ist Ruhrgebiet – ein Pils bestellt und es nach drei Schlucken wieder zurückgegeben, denn weder war es angemessen kalt noch hatte es irgendeine Form von leichter Perlung. Die liebenswürdige Dame im Service sagte, dass das Fass wohl dem Ende zugehe und ab da wurde Glas um Glas vermutlich vom alten und neuen Fass gefüllt, nur mir wurde keins mehr angeboten. Das war ein bisschen befremdlich, mir aber keine Rückfrage wert.
Auf der Rechnung allerdings fehlten eine Flasche Wasser und aus einem 7-Gang-Menü war ein sechsgängiges geworden. Sollte etwas davon, wovon wir stark ausgingen, als kleine Entschuldigung gedacht gewesen sein, hätte man uns das ruhig sagen können und wir hätten es als großzügiges und freundliches „ups, sorry vielmals“ genommen.
Abschließend kann ich aber besten Gewissen sagen, dass ein Besuch im Goldenen Anker unbedingt empfehlenswert ist. Ohne Chichi und in lockerer Atmosphäre kann man hier entspannt erstklassige Gourmetküche genießen. Dass das auch andere so sehen, bewies das ausgebuchte Restaurant und ein Publikum, dass ein Querschnitt durch alle Altersgruppen war.
Fotos und Text: Andrea Reichelt (Chefredakteurin)
Goldener Anker
Lippetor 4
46282 Dorsten
(02362) 2 25 53