Ein langer Abend im Becker's, Trier

Ein langer Abend im Becker's, Trier
Eine Reise entlang der Mosel - Teil 3
Die einzige Station an der Mosel, die ich mit dem Auto besuchen musste, war das hochgelobte Becker’s Restaurant in Trier. Wer Deutschlands Restaurant Ranglisten studiert, wird diesem Haus gewiss bereits begegnet sein.
Aus dem beschaulichen Piesport fuhr ich in die älteste Stadt Deutschlands, gespannt was mich dort erwarten würde. Zuerst eine lange Suche nach einem Parkplatz, aber die absolvierte ich mit jahrelanger Ruhrgebietserfahrung natürlich souverän. Dennoch sollte mich die Unsicherheit, ob ich da denn eigentlich stehen dürfte, den ganzen Abend nicht so ganz loslassen.
Angekommen im Restaurant, erwartete mich ein äußerst kompetenter und freundlicher Service, der mich umgehend zu meinem Platz führte. Schick - war das erste, was mir zum Interieur des Restaurants einfiel. Modern, elegant, ohne übertriebenes Chichi.
Die Frage zum Menü war wie immer schnell erledigt, natürlich sollte es das komplette sein. Schweren Herzens musste ich an diesem Abend auf die Weinbegleitung verzichten, da konnte man nichts machen.

Der erste Gruß aus der Küche ließ nicht lange auf sich warten: Man reichte mir ein kleines, mit Tartar gefülltes Hörnchen nebst einer Creme. Geschmacklich ein schöner Start in den Abend, auch wenn die Anreichung ohne Teller mich etwas überrumpelt hatte.

Beim folgenden zweiten Gruß aus der Küche war das schon leichter zu überblicken. Drei mundgerechte und köstliche Häppchen waren nun auf einem schmalen Teller schön arrangiert. Insbesondere die geräucherte Aubergine wusste hier zu überzeugen.

Bevor es in die „offizielle“ Menüfolge gehen sollte, servierte man mir eine Interpretation der Frankfurter Sauce mit einem wunderbaren Wachtelei sowie hausgemachte Ceviche. Beides durchaus vielversprechend.
Der aufmerksame Service, der sich um mein Wohlergehen sorgte, brachte mir derweil Lesematerial. Nicht ohne Grund, wie sich zeigen sollte. Denn die Zeit zwischen den Gängen war teils doch recht ergiebig.
Der Franzosenlachs wusste aber zu überzeugen, perfekt garniert, optimal gewürzt – da macht man bei einem Freund der Meeresfrüchte, wie ich es bin, nichts falsch.

Von daher freute ich mich schon seit dem ersten Studieren der Karte auf den nun folgenden Carabinero. Er erreichte mich gerade noch lauwarm, so dass ich einen Hauch Enttäuschung nicht verbergen konnte.
Derweil wanderte mein Blick neidisch zu dem Schweizer Ehepaar, welches am Nachbartisch genussvoll die nächste Weinbegleitung ins Glas serviert bekam.

Als hätte es der Chef des Service gesehen, erhielt ich passend zu den folgenden Gängen - Gänseleber und ein wunderbar zarter Rehrücken - ein Glas eines spannenden Rotweins aus Israel. Ein Glas durfte ich mir ja gönnen.
Derweil war es ziemlich spät geworden, mein Blick wanderte mehr und mehr auf meine Uhr – war mein Auto wohl noch dort wo ich es abgestellt hatte?

Fort mit diesen Gedanken, es kommt das erste Dessert. Grenzgänger, Käse aus der Nachbarschaft.
Eine wunderbare Auswahl an Käsen, sowohl heimisch als auch aus dem anliegenden Frankreich. Kombiniert mit einer abwechslungsreichen und wahrlich exquisiten Auswahl an Fruchtkompott. Letztere hat man ja meist dabei, aber eine solche Vielfalt hatte ich noch nicht erlebt.

Bevor die zwei abschließenden süßen Nachspeisen mich erreichten, drohte auch noch der Akku meines Handys aufzugeben, immerhin waren inzwischen 4,5 Stunden vergangen, seit ich das Restaurant betreten hatte. Der Knusperriegel mit Kirsche und Süßholz wusste dennoch zu begeistern.

Einen Espresso noch zum Abschluss, schließlich sollte der Heimweg nach Piesport doch gelingen. Dazu gab es eine Auswahl feiner, hausgemachter Schokoladen. Wunderbar.
Müde war ich dennoch. 5,5 Stunden hatte ich nun hier verbracht.
Das Schweizer Ehepaar am Nachbartisch erhielt noch einen feinen Brand aufs Haus, weil ein Gang zuvor falsch serviert worden war. Neidisch und müde nickte ich den beiden prostend zu.
Mein Auto stand noch da, wo ich es geparkt hatte. Erleichterung, es war doch alles gut.
Der Weg zurück gelang ebenfalls. Schön war es schon, aber auch etwas arg lang.
BECKER'S
Olewiger Str. 206
54295 Trier
Telefon: +49 (0) 6 51 - 93 80 80
Text + Fotos © Sebastian Hoppe
Sebatian Hoppes Hobbies sind die Fotografie und gutes Essen. Hier berichtet er uns über seine Restaurantbesuche.