Besuch im Agata's in Düsseldorf
Besuch im Agata's in Düsseldorf
Schon lange wollte ich hier mal hin! Jetzt hat es endlich geklappt.
Mein Besuch im Düsseldorfer Agata’s am Übergang von Sommer zu Herbst, war ein sehr gelungenes kulinarisches Erlebnis zwischen den Jahreszeiten.
Draußen wird’s bald kalt, drinnen gemütlich. Und hier wird ein ziemlich perfekter Bogen zwischen Hochsommergefühl und Kaminfeueratmosphäre geschlagen.
Und Koch des Jahres Jaspar Wcislo versprüht dabei nicht nur auf seinem Instagram-Kanal, sondern auch hier im Restaurant ansteckende Begeisterung.
Das Agata's gehört zu Düsseldorfs wenigen Sterne-Restaurants, die schon seit vielen Jahren einen Stern haben – und halten. Und das mit wechselndem Küchen-Team und Küchenchefs, denen es immer wieder gelingt die Qualität außergewöhnlich hoch zu halten und mit neuen, frischen Ideen neue Geschmackserlebnisse zu kreieren.
Für die Auswahl der Köche, Kontinuität und das gleichbleibend hohe Level sorgt die Namensgeberin und Patronne des Restaurants, Agata Reul.
Sie begrüßt mich (wie alle anderen Gäste) bei meinem Besuch zu Beginn des Abends freundlich. Wir halten ein wenig Small-Talk, dann macht sie einen geschickten „englischen Abgang“ und war später nicht mehr zu sehen.
Ebenfalls nicht zu sehen war an diesem Abend Küchenchef Marcel Förster, der im wohlverdienten Urlaub weilte.
Für die kulinarischen Erlebnisse sorgten an diesem Abend somit Souschef Jaspar Wcislo mit dem Rest des Küchenteams.
Jaspar Wcislo ist dabei nicht nur Souschef im Agata’s. Er ist sogar amtierender „Koch des Jahres“.
Den Titel errang er mit nur 26 Jahren 2024 im gleichnamigen Wettbewerb im Team mit seinem Küchenchef Marcel Förster.
Während Marcel Förster (auf Videos) meist einen sehr ruhigen und abgeklärten Eindruck macht, vereinnahmt Jaspar Wcislo mit seiner erfrischenden Begeisterung und Euphorie, wenn er im Restaurant und auf Instagram seine Kochkünste präsentiert.
Euphorisch-lockere und sympathische Art vom Koch des Jahres
Denn Jaspar Wcislo ist nicht nur Koch des Jahres im Sternerestaurant. Er betreibt auch einen sehr spannenden Instagram-Kanal, auf dem er seinen Followern mit mindestens genauso großer Begeisterung Düsseldorfs beste Food-Locations zeigt. Übrigens nicht nur Fine Dining, sondern auch seine beliebtesten Burger und andere Fastfood-Speisen.
Noch spannender ist nur, wenn er seinen Followern selbst ein paar Tricks mit der Expertise eines Spitzenkochs präsentiert. So dass man „ganz einfach“ feinste Gerichte aus dem Restaurant nachkochen kann.
Wobei ich bezweifle, dass es so einfach ist, wie es in seinen euphorischen Videos zu sehen ist.
Einige Getränke und Gerichte, die ich in seinen Instagram-Videos schon gesehen habe, erwarten mich heute auch im Restaurant.
Also „starten wir gleich los“, wie es Jaspar Wcislo in seinen Videos auch immer so schön sagt.
Sommerliche Frucht-Grüße aus der Küche
Zur Einstimmung gibt es Jasper’s selbst gemachten, frisch gepressten Limoncello mit Champagner aufgegossen.
Kurz vor Beginn des meteorologischen Herbst kommt der Hochsommer hier nicht nur im Glas noch einmal zur Geltung. Auch auf dem Teller lässt er sich Mitte September noch einmal blicken.
Ananas, Hanf, Mojito ist vermutlich einer der besten Starts, die ich in Fine-Dining-Restaurants bisher überhaupt hatte. Auch die anderen Südfrüchte wie Kokos, Mango mit Chili und Wassermelonen-Feta- Gazpacho erfreuen mein sonniges Gemüt und erfrischen an diesem letzten Spätsommerabend des Jahres.
Besonders hervorzuheben ist auch das Tartlette, das Wcislo (ähnlich) auch schon mal auf seinem Instagram-Kanal gezeigt hat. Ob es jedem so gut gelingt, bezweifle ich aber… Schön knusprig mit Kokos, Mango und durch Chili leicht scharf. Nach diesem Zutatenmix ist es gleich doppelt schade, dass der Sommer nicht nur auf dem Teller in Kürze endet.
Zusätzlich mit Radieschen, Senf und Wildkräutern bedienen diese ersten Grüße aus der Küche viele Geschmacksrichtungen zwischen fruchtig süß-sauer und leicht scharf – und sorgen für einen verheißungsvollen Start.
Lachsforelle mit Buttermilch und Fichte
Es folgt angeräucherte Lachsforelle, die mit Fichtenhonig bestrichen wurde, um eine leichte Süße zu erhalten und die sich mit den Räucheraromen ergänzen soll. Dazu wird eine geklärte Buttermilch mit Fichtenöl zum Fisch in die Schale gegossen.
Die Lachsforelle wird auf dem Dach des Gebäudes im Düsseldorfer Geschäftsviertel an der Friedrichstraße unter der Woche über den Dächern der Stadt über einer kleinen Räuchertonne selbst geräuchert.
„Da denken die Leute in den umliegenden Büros zwei Mal die Woche: Was geht denn hier ab?“, berichtet Wcislo mit einem Lachen. Und auch ich muss bei der Vorstellung nicht nur Schmunzeln.
Der gar nicht so intensiv geräucherte Fisch ist absichtlich etwas milder und mit einem Apfel-Radieschen-Senf-Saat sowie zusätzlich etwas Kaviar-Salat angemacht. Im Teller verbindet sich das Gericht mit eingelegter Kohlrabi-Creme, die mit kurz durch die Pfanne gezogenen Rübchen garniert wird.
Mir ist dieses Gericht ein bisschen zu mild und die Geschichte mit der Räuchertonne auf dem Dach gefällt mir bei diesem Gang etwas besser als das Gericht selbst.
Artischocke Thymian Amalfi
Aber schon kurz darauf freue ich mich über einen italienischen Mix aus Artischockenherz, Amalfi-Zitrone und einem Zitronensud, der mit fruchtiger Zitronensäure und den unterschiedlichen Aromen der Artischocke noch einmal die Erinnerung an lange Abende am Meer und den Hochsommer zurückbringt.
Secreto Bohne Pflaume
Das Secreto kommt hier schon bedeutend deftiger als Vorbote des Herbsts mit spätsommerlicher Pflaume und einer Art wärmenden Bohneneintopf an den Tisch.
Gedacht ist das Gericht als Hommage an den bekannten Markt am Düsseldorfer Carlsplatz, an dem es viele Obst-, Gemüse- und andere Foodstände sowie Gewürze aus aller Welt gibt. Bei diesem „Bohneneintopf“ geht der Gruß vor allem an Dauser, Düsseldorfs traditionsreiches Schnellrestaurant, wenn es um regionales Fastfood, wie Suppen und Eintöpfe geht.
Für mich ein schönes Gericht vom Übergang vom Spätsommer zum Herbst mit Pflaumen zum wärmenden Eintopf, der langsam aber sicher auf die kalte Jahreszeit vorbereitet. Nicht weniger herzerwärmend sind die rustikalen, durchwachsenen Fleischstücke mit hohem Fettanteil vom zarten Iberico, die Wcislo als „Butchers Secrets“ vorstellt.
Es sind die „geheimen Cuts“ vom Metzger. Denn nichts anderes als Geheimnis bedeutet das spanische Wort „Secreto“ auf Deutsch. Und diese kommen hier mit einer ganz besonderen Aromatik, fast wie beim Schinken durch das Grillen auf Holzkohle.
Ein sehr gelungener, rustikaler und ein bisschen geheimnisvoller Mix mit würzigen und leicht sauer-scharfen Elementen, der einen wärmt, wenn’s draußen langsam kalt wird.
Ochsenschwanz Möhre Majoran
Ochsenschwanz war bei meinem Besuch der optionale Gang. Und ich wäre sehr traurig gewesen, wenn ich mir diese Option hätte entgehen lassen.
Er kündigt nicht nur durch seine warmen, braun-orangen Erdtöne (in den perfekt gewählten Tellern) den Herbst an. Es ist für mich an diesem Abend das „rundeste“ Geschmackserlebnis. Dieser Löffelgang ist echtes Soul-Food!
Unter einem würzigen Karottenschaum mit rotem Karottenpulver und Majoran abgeschmeckt, versteckt sich der Ochsenschwanz.
Der Ochsenschwanz wurde klassisch und ein bisschen mediterran angehaucht in einer Tomatensauce geschmort. Und am besten nimmt man hier einen extragroßen Löffel, um alles auf einmal im Mund zu genießen. Die leicht erdig-süßlichen Aromen von Möhre und Majoran harmonieren perfekt mit dem würzigen Fleisch.
Auf einem weiteren Teller schaut kein Ochsenschwanz aus der Erde heraus, sondern eine weitere Karotte mit einem Tartar vom Ochsen. Zusammen darf das zusätzlich als One-Biter und Side-Dish vernascht werden.
San Marzano Passionsfrucht Basilikum
Auch wenn ich den Geschmack von Möhre, Majoran und Ochsen sehr gern noch eine Weile im Mund behalten hätte, hat mich dieser „Cleanser“ zwischen Fleisch und Fisch an diesem Abend besonders beeindruckt.
Es ist ein Sorbet aus San Marzano Tomate mit Passionfrucht, bei dem die Gemüsearomen überwiegen. In dieser Kombination aber ein einzigartiges Aroma erzeugen und mit grüner Tomate darunter eine fruchtig-frische Komponente erhalten, die dem Gericht eine ganz andere Säure verleihen, als man sie üblicherweise von Tomaten kennt.
Die grüne Tomate ist geschmacklich näher an einem grünen Apfel, wird gegrillt und drei Tage mit zwei Prozent Salz fermentiert. Nach dreistündigem Trocknen im Dehydrator wird es zusätzlich getrocknet und die Feuchtigkeit entzogen. Als Tartar wird es unter dem Sorbet serviert und mit Passionsfrucht-Vinaigrette verfeinert.
„Da ist ordentlich Power drin!“, wie Wcislo gern und häufig sagt. Und recht hat er.
Hinzugefügt wird ein Tomaten-Passionsfrucht-Sud, bei dem Tomaten entsaftet werden, mit Passionsfrucht abgeschmeckt und einem Basilikum-Öl verfeinert.
Für mich heute das spannendste und (neben dem Gurken-Dessert) das außergewöhnlichste Gericht, das zwischen den Hauptgängen nicht nur Erfrischung, sondern mit gemüse-und frucht-Nuancen ein für mich bisher unbekanntes und sehr leckeres Geschmackserlebnis in die Schale gezaubert hat.
Seezunge
Optisch der lässigste Gang und auch geschmacklich ganz weit vorn, wird zu guter Letzt Seezunge schräg angerichtet, serviert. Gelbe Maissprossen stehen wie Fahnen an der stürmischen See im Wind. Ob der Fisch aus wildem oder ruhigem Gewässer kam, ist nicht überliefert.
Für mich ist diese Komposition windgeschützt am Kaminfeuer aber alles in allem ein Hochgenuss.
Der Fisch ist mit einer Grete zur Deko on top und einer Farce von der Seezunge garniert.
Dazu ein süßlicher Maispüree mit abgeflämmtem Mais und eingelegtem, kandierten Yuzu, die zusammen ein herrliches Zusammenspiel aus süß und leicht sauer auf den Teller bringen und ausgezeichnet zum Fisch passen.
Die hübsche Greten-Deko hätte dem Gericht vielleicht noch eine weitere Komponente verleihen können, wenn sie als Knusper-Crunch on top als Hippe o.ä. nachgebaut worden wäre. Leider war sie nicht essbar, das Gericht aber dennoch ein finales Vergnügen.
Gurken-Limetten-Dessert
Manche Köche lassen sich am Tisch kaum oder nur ein einziges Mal blicken.
Jasper Wcislo serviert mir heute fast jeden Gang persönlich und sprüht dabei immer wieder nur so vor Begeisterung.
Als er kurz vor Schluss zum vorletzten Mal an meinen Tisch kommt, fragt er ob es mir gut geht und alles passt?
Da kann ich natürlich nicht widersprechen, bedaure nur, dass es das Letzte ist, was er heute bringt.
Beruhigend wirkt er auf mich ein, dass ja noch ein paar Petit Fours kommen. Aber auch was er hier vorstellt, sollte auf keinen Fall unerwähnt bleiben!
Denn ähnlich wie beim San Marzano-Passionsfrucht-Tomaten-Sorbet wurde auch beim „offiziellen“ Dessert mein Verlangen nach Außergewöhnlichem gestillt.
Wer hätte das vor ein paar Jahren gedacht, dass ausgerechnet gepickelte Gurken und Gurkenwasser zu einem süß-sauren Dessert im Sternerestaurant taugen?
Inzwischen ist es ja schon fast ein Trend mit sauren Gurken in der gehobenen Gastronomie zu zaubern. Und hier gelingt es beim Dessert auch heute im Agata’s besonders gut.
Ein Sommer-Cocktail aus Gurken am Kaminfeuer spannt so auch gekonnt den Bogen, der über den Abend so beeindruckend gut von einer Jahreszeit zur anderen gelungen ist.
Ein pures, fruchtiges Limetten-Sorbet mit Power und richtig viel Säure, darunter ein süß-saures Gurken-Chutney mit Limettensaft, ein knusprig-süßes Baiser on top, das zusammen mit Tajin, (einem mexikanischen Gewürzpulver u.a. aus Chili und Salz), einen verrückten Mix bildet, bei dem im Mund „sehr, sehr viel auf einmal passiert“, wie Wcislo verspricht, sorgt für ein würdiges Finale.
Denn zu guter Letzt schüttet er auch noch ein wenig „Sprit“ hinzu: Einen Gurken- Tomatillo-Tequila-Sud, der hier noch ein bisschen extra Feuer hinzufügt.
Das Versprechen wird damit gehalten und das Dessert entzündet noch einmal eine sehr spannende Geschmacksexplosion zum Schluss, die keine Wünsche offen lässt.
Herzhafter oder Süßer Abgang
Bei den Petit Fours darf man zwischen süß und herzhaften Snacks am Ende wählen.
Ich entscheide mich meinen Vorlieben entsprechend für süß und kann den Abend noch bei einer Mini-Tüte Popcorn im Zimtschnecken-Style, einer großartigen Erdnuss-Schokolade und einer herbstlichen Pumpkin-Spiced-Latte-Praline am Kaminfeuer ausklingen lassen.
So lässt sich der Switch von Sommer zu Herbst gut aushalten. Wäre das doch an jedem Abend so wie heute hier im Agata‘s.
Text und Fotos © Nils Hohnwald
DÜSCOVER DÜSSELDORF:
Instagram: @duescover_duesseldorf“
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