Best Friends Menu mit Moses Ceylan in der faktorei21

Best Friends Menu mit Moses Ceylan in der faktorei21
Duisburg ist nicht unbedingt bekannt für ein großes Angebot an Spitzengastronomie und außergewöhnlichen Food-Locations. Die allgemeine Wahrnehmung der Ruhrmetropole ist wohl immer noch geprägt von Erinnerungen an die ehemalige Kohlestadt und große Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Strukturwandel.
Weniger bekannt ist, dass Duisburg auch die Stadt des berühmten Geographen und Kartografen Gerhard Mercator ist. Und dazu passend bringt die faktorei21 (die seit wenigen Monaten unter der Leitung von Christian Krüger ist) den Duisburger Innenhafen nicht nur auf die kulinarische Landkarte.
Beim Best Friends Event mit Moses Ceylan gab es Speisen aus einer Weltregion, die für meinen Geschmack noch viel zu selten auf den Tellern in Fine Dining Restaurants landen, die aber so unglaublich großes kulinarisches Potential haben: Rezepte und Gerichte aus der Levante!
Vor allem, wenn sie so interpretiert und präsentiert werden, wie von Moses Ceylan an diesem Abend, sind sie Eyecatcher und ganz besondere Geschmackserlebnisse zugleich.
Der in Bayern geborene, sehr sympathische und herzliche Spitzenkoch mit spitzem Humor und aramäischen Wurzeln kocht u.a. Gerichte aus dem Libanon, Syrien und Irak mit Einflüssen seiner bayerischen Heimat.
Die Heimat seiner Vorfahren, die der Aramäer, ist Mesopotamien. Das „Zweistromland“ ist eine Region zwischen den beiden Flüssen Euphrat und Tigris. Und er selbst lebt inzwischen als selbstständiger Koch und Berater in Zürich, wo er zuvor in sehr renommierten Restaurants zu einem der besten Köche der Schweiz wurde.
An diesem Abend konnte man sich nun zwischen den Flüssen Rhein und Ruhr von seinen Kochkünsten überzeugen lassen.
In Zusammenarbeit mit dem Champagner Club hat Gastgeber Christian Krüger (der gleichzeitig Inhaber der faktorei21 ist) beim Best Friends-Menü zusammen mit Moses Ceylan Mitte Juni für einen ganz besonderen Abend gesorgt.

Der hochdekorierte Gast-Koch Ceylan zauberte dabei ein fantastisches Menu mit Gewürzen und Speisen aus der Levante auf die Teller und in die Schalen. Und kleine Showeffekte mit dampfendem Rosenwasser und vergoldeten Kichererbsen sowie weiteren außergewöhnlich guten Speisen verzierten den Abend zusätzlich.
Auffallend auffällig verziert ist auch die Kochschürze von Moses Ceylan. In einer bunten Farbkombination aus dunkelblau, Gelb- und Rottönen sowie Türkis und mit einer Abbildung der Göttin Isis, die für Magie und Wiedergeburt steht. Und Moses Ceylan verbindet die Göttin Isis zusätzlich mit der Neuentdeckung seiner kulinarischen Wurzeln – und so mit seiner Interpretation der modernen levantinischen Küche. Das übergeordnete Ziel seiner Arbeit und Kochkunst lautet: „Qualität schafft Freude und Freundschaft.“
Und so wehte an diesem sonnigen Sommerabend ein Hauch von Orient durch diesen wunderbaren Ort am Duisburger Innenhafen.
Das Restaurant war bis auf den letzten Platz gefüllt und ein Moderator führte mit Ruhrpott-Charme durch das Event. Zusammen mit Moses Ceylan und Gastgeber Christian Krüger wurden die Ideen hinter den Speisen erläutert. Und Corinna Dosch und Rafael Mittmann, die beiden Gründer*innen vom Champagner-Club kümmerten sich perfekt um die passende flüssige Begleitung.

Dampfende Rosen und duftendes Fladenbrot
Nach der Vorstellung und kurzen Einführung aller Beteiligten ging es um kurz nach halb acht mit den ersten Speisen los.
Gewürz-Hummus mit weißem und schwarzem Sesam, vergoldeter und knackiger Kichererbse, Baharat-Tomate und Baba-Ganoush mit Kräuteröl aus Pinienkernen waren die ersten beiden, hübsch dekorierten Grüße aus der Küche, die noch viel besser geschmeckt haben als sie aussahen.
Ceylan betonte vorher noch einmal, dass die Speisen und Mezze in der Kultur der Levante dazu gedacht sind, sie mit anderen zu teilen. Und ich war an diesem Abend so froh, dass ich allein hier war und (ganz Kulturbanause) so die beiden Vorspeisen für mich allein hatte.
Begleitet wurden Gewürz-Hummus und Baba-Ganoush von einem Pide. Hier als „Mamas Fladenbrot“ bezeichnet und mit Sesam und Schwarzkümmel angereichert. Das hat von weitem schon so gut geduftet, kam frisch aus dem Ofen und hat mit den beiden anderen Vorspeisen einen wunderbaren Auftakt hingelegt.
Serviert wurde es mit einem dampfenden Rosenwasser mit darin eingelegten Rosen. Die Rosen waren in dem Fall zwar nicht essbar, aber eine sehr gelungene und zum Abend passende Deko mit kleinem „Show-Effekt“, der Lust auf mehr machte.

Hartweizen-Tatar der Osmanen | Rote Bete | Meerrettich-Ayran | Eingelegter Kohlrabi
Gefolgt wurde die Mezze von einem Hartweizen-Tatar der Osmanen mit Roter Bete mit Meerrettich-Ayran, sowie eingelegtem Kohlrabi. Bei dem Gericht ist es wichtig, den Löffel von oben nach unten durch alle Zutaten und Kräuter zu bewegen und zusammen mit der Sauce auf den Löffel zu befördern, um alle Geschmacksnuancen auf einmal in den Mund zu „transportieren“ – und zu schmecken!
Oder wie es Ceylan bei der Ansprache ausdrückte: „A Kloß braucht a Soß!“
Und auch wenn es sich hier nicht um einen klassischen Kloß handelte, war das die passende Anleitung für diese Geschmacksexplosion aus süßen, sauren und schön würzigen Texturen, die am besten in der Verbindung aller Zutaten verspeist wird.

Heimische Forelle Aramäische Art | Kräuter-Emulsion | Kaviar | Zitronenvinaigrette
Danach folgt ein so wunderbarer Zutatenmix aus Forelle, Kräuter-Emulsion, Kaviar und einer sauren Zitronenvinaigrette. Nah dran mein Favorit an diesem Abend zu sein, wenn da nicht noch zwei weitere Highlights auf dem Programm gestanden hätten. Und wenn da nicht ein kleiner Fauxpas bei der Porzellanauswahl passiert wäre.
Dieses Forellen-Rezept ist eine Kombination aus sommerlich leichten und frischen Zutaten, die besonders durch den Mix von Kräutern und der Säure der Zitronenvinaigrette lebt und große Gaumenfreude bereitet. Angeblich ist diese Art der Fisch-Zubereitung von Moses so, wie ihn auch Jesus zu Lebzeiten gegessen haben soll.
Und der first Bite war auch „göttlich“! Der Geschmack vom panierten Fisch, der on top liegt, wird durch die Panade und anderen Zutaten nicht überlagert. Der Crunch von Panade und Toppings ist außergewöhnlich gut. Und die grünen Kräuter samt Emulsion setzen nicht nur farbliche Akzente und einen gelungenen Kontrast zur fruchtig-sauren Zitronenvinaigrette.
Dann passiert nur leider, was nicht hätte passieren sollen… Nach dem zweiten Biss, kann der Fisch nicht mehr auf den Kanten des tiefen Tellers liegen und geht leider „baden“. Er versinkt ein wenig im unteren Teil des tiefen Tellers in der eigentlich sehr guten Zitronenvinaigrette und verliert dadurch den Crunch und auch der Zitrusgeschmack wird dadurch zu dominant, weil sich die Panade schnell – ähnlich wie bei japanischer Ramen-Suppe – mit der Flüssigkeit „vollsaugt“.
Das ist sehr schade, da das Gericht eigentlich extrem gut war, nur leider in einem nicht so gut geeigneten tiefen Teller serviert wurde.
Darüber habe ich nachher auch mit Moses Ceylan gesprochen, der das ähnlich sah, nur als Gastkoch auch nicht immer Einfluss auf alle Komponenten (wie hier die Tellerauswahl) hat.
So ging dieses eigentlich sehr gelungene Gericht leider ein bisschen „unter“ – und das nicht nur sprichwörtlich. Auf einem anderen Teller serviert mit einem Crunch bis zum letzten Biss und einem anderen Verhältnis von säuerlicher Sauce, wäre es aber ein anstandsloses Gericht gewesen, das ich jedem nur empfehlen kann.

Das Food war verboten gut
Aufgrund der hohen Anzahl von Gästen, die natürlich alle gleichzeitig versorgt werden wollten, nutze man zum Anrichten der Speisen nicht nur die eigentliche (etwas zu kleine) Küche, sondern auch einen großen Zwischenraum zwischen Restaurant und Bankgebäude nebenan, als plötzlich fünf Polizist*innen in das Zwischengebäude kamen.
Zuerst dachte ich, dass das Essen so verboten gut ist, dass es einen Polizeieinsatz verursachte. Tatsächlich ging es aber um einen potentiellen Alarm im Nachbargebäude, den die Einsatzkräfte nicht ganz passend zuordnen konnten.
Ein paar wenige, auswärtige Gäste, die von dem „Zwischenfall“ etwas mitbekommen haben und etwas irritiert drein schauten, beruhigte Christian Krüger lapidar mit den Worten: „Datt is Duisburch!“ und lachte dabei.
Aber keine Sorge: Tatsächlich kam niemand zu Schaden und auch der legendäre Kriminalhauptkommissar Schimanski lief nicht mehr vulgär schreiend und fluchend durchs Restaurant. Es war wohl nur ein Fehlalarm, der nur kurz für kleinere Irritationen im Zwischenhaus sorgte.
Und das sollte es dann auch mit Fauxpas und Zwischengeräuschen an diesem Abend gewesen sein.
Stattdessen ging es mit bestem Food, Sundowner und ohne Polizei weiter.

Ceylans Short Rib Kebab Style | Gegrillter Romansalat | Pul Biber Mayo | Sumak Jus
Kurz darauf wurde Moses’ Favorit, seine Herzensspeise und Soul food serviert.
Und die zweite „Hauptspeise“ lies auch mich ein bisschen sprachlos zurück. Und das im besten aller Sinne…
Ceylans Kebab mit Short Rib war so jenseits von dem, was man normalerweise mit Kebab in Verbindung bringt. Ein Feuerwerk an levantischen Kräutern und Gewürzen.
Vor allem die Petersilienbasis und die Pul Biber-Würzmischung, die diesem Gericht den typischen und einzigartigen orientalischen Geschmack verpassen, haben mich neben der Fleischqualität schwer beeindruckt.
Neben die Teller wurden vorher extra scharfe Messer gelegt. Das war nett gemeint, aber auch so dermaßen überflüssig, da dieser „Kebab“ mit so unfassbar zartem Fleisch serviert wurde, das man es auch mit dem Löffel hätte auseinander ziehen können und überhaupt kein Messer gebraucht hätte.
Einfach großartig! Mehr braucht man dazu nicht zu sagen.

Cay Heissgetränk des Orients | Pilzconsommé |Türkischer Schwarztee | Petersilie
Üblicherweise folgt als Pre-Dessert an dieser Stelle des Abends oft etwas Süßes. Ein Sorbet oder Eis zum Neutralisieren.
Heute folgt dagegen ein Chai, so wie es in der orientalischen Tradition beliebt ist. Allerdings in Form einer Pilzconsomme mit türkischem Schwarztee und Petersilie.
Eine interessante Idee, für mich aber ein bisschen zu "sauer" und zu heiß. Vor der starken Hitze wurde zwar gewarnt, es bleibt bei mir aber auch nach kurzer Wartezeit immer noch das Potential für eine leicht verbrannte Zunge, die ich mir gerne mal bei solchen Getränken in solchen Gefäßen abhole – und an der ich auch jetzt nicht ganz vorbeigekommen bin. Die „Verbrennung“ hielt sich aber in Grenzen. Mein Geschmackserlebnis bei diesem Gang aber auch.
Ich bin dann wohl doch eher der süße Sorbet-Typ und fand den Geschmack als Pre-Dessert dann doch etwas ungewohnt.
Vielleicht wäre dieser Chai für mich eher als Aperitivo oder Gruß aus der Küche zum Start geeignet gewesen. Dann hätte es aber natürlich nicht in die Dramaturgie des Chefs und den kulturellen Kontext gepasst. Hier zeigt sich zum zweiten Mal der Kulturbanause in mir, der sich aber immer sehr über neue und ausgefallene Ideen freut. Ob sie meinen Geschmack dann treffen oder nicht, ist im Einzelfall (und wenn es nicht das gesamte Menu betrifft) zweitrangig.
Und so war der Cay für mich so auch ok. Vor allem weil zum sehr guten Schluss dann doch noch ein weiteres, absolutes Highlight kam mit dem ich restlos zufrieden war.

Inspiration Omas Baklava XO | Walnuss | Pistazie | Champagner Rosen Sorbet
Das finale Dessert traf genau meinen Geschmack und erfüllte meine Erwartungen, die ich an so einen Abend mit neuen, orientalischen Geschmackserlebnissen hatte.
Von Chef Moses Ceylan selbst serviert gab es Omas Baklava, das ein mehr als würdiger Abschluss für diesen rundum gelungenen Abend bot. Ein viereckig-vergoldetes Mousse mit leicht abgeschrägten Seiten fast wie bei einer halben Pyramide mit einem „Körnerknäckebrot“ on Top toppt noch einmal alles zum Schluss. Diese cremig-crunchige Kombination aus Pistazien, Walnuss und einem Champagner-Rosen-Sorbet. Dazu dieser goldene Glanz – und diese süße Verführung schmilzt auf der Zunge nur so dahin.
Dieser Mix trifft meinen Geschmack wieder voll und ganz und lässt mich wunschlos zurück.

Fazit:
Schon ein bisschen euphorisch verlasse ich die faktorei21 an diesem Abend, der sich fast wie ein Urlaubsabend in der Levante mitten in Duisburg angefühlt hat. Das muss man erstmal schaffen.
Dabei bin ich normalerweise eher ein Freund von ruhigeren Locations in denen man sich den Speisen voll und ganz hingeben kann. Das lebhafte, vom Champagner Club organisierte, Best Friends-Event mit Moderator mit Ruhrpott-Charme und pointierten Erläuterungen zu den Speisen von Chef Ceylan und Gastgeber Krüger in lockerer Atmosphäre, bot heute aber eine sehr nette Abwechslung.
Moses Ceylan möchte die Küche seiner Vorfahren authentisch präsentieren und diese Speisen bekannt machen und nach vorn bringen. Das ist ihm gelungen!
Bei den Ansprachen spielt er gern mit seinem bayerischen Dialekt und spielt ironisch auf sein Aussehen als „typischem Allgäuer“ an.
Dass er in Deutschland aufgewachsen ist, hilft auch dabei, die Rezepte so anzupassen, dass es auch den deutschen Gästen und Gaumen schmeckt. „Levante light“ wird es dadurch trotzdem nicht!
Nur bei einem Gast, der schon nach der Vorspeise fragte, ob denn nun alle Gerichte mit Knoblauch serviert werden, schaute er leicht fragend und ungläubig. Und musste später mit einem leicht süffisanten Lachen am Mikro hinzufügen: „Also wenn Sie kein Knoblauch mögen, wird’s mit meiner Küche eher a bissi schwierig…“
Während das wohl (fast) jedem klar war und mit einem Lachen der Gäste bestätigt wurde, leistete sich Ceylan dann doch noch einen „schwerwiegenden“ Fauxpas.
Als er an dem durch und durch gelungenen und launigen Abend bei der Beschreibung seiner Herkunft davon sprach, dass Bayern das „schönste Bundesland Deutschlands“ ist, wurde das im stolzen Ruhrgebiet von einigen Gästen natürlich mit lauten Buhrufen quittiert.
Seinen Fehler erkannte er aber schnell selbst und nahm das Lachend und beschwichtigend halbwegs wieder zurück… Vor allem, weil er ja am 28.6. noch einmal wiederkommen möchte.
Ein Glück, es blieb sein einziger „schwerwiegender Fehler“ an diesem Abend, der auch nichts mit seinen Speisen zu tun hatte…
Wer auch immer mal die Gelegenheit haben sollte, Moses Ceylans Küche und ihn selbst kennenzulernen, sollte diese nutzen! Deshalb nun auch Schluss der Worte.
Text und Fotos © Nils Hohnwald
DÜSCOVER DÜSSELDORF:
Instagram: @duescover_duesseldorf“
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