Andrea Gallotti

Andrea Gallotti
Die Gastronomie als treibende Kraft.
Wer darüber nachdenkt, wer, was und wie alles zusammenspielen muss, um Nachhaltigkeit zu einer neuen Normalität werden zu lassen, die/der wird bemerken, wie jeder neue Lösungsansatz auf der einen Seite den Gedankenknoten an anderer Stelle strammer zieht.
Alles hängt mit allem zusammen und es erscheint einem bald als unerreichbare Utopie in einer globalisierten und kommerzialisierten Gegenwart. Wie soll das funktionieren? Eine scheinbar unlösbare Aufgabe.
Dann erhielten wir im September den Text von Andrea Gallotti, die gemeinsam mit ihrem Mann Marcello das Restaurant Erasmus in Karlsruhe führt, und lasen ihn sprichwörtlich mit offenen Mündern: Das ist doch gar nicht so kompliziert. Worte die uns Mut machen, dass Nachhaltigkeit gelingen kann.

Verehrte GenießerInnnen,
Haben auch Sie in Zeiten allerlei gastronomischer Nachhaltigkeitsbestrebungen den Überblick verloren?
Erstmal die gute Nachricht: Sie können in den kommenden Jahren mit der Wahl Ihres Restaurants einen entscheidenden Beitrag über die Entwicklung der deutschen Gastronomie leisten.
Die Branche befindet sich, wie die gesamte Gesellschaft, in einem tiefgreifenden Wandel und Sie als Gast entscheiden durch Ihre Restaurantwahl über nicht weniger als die Zukunft unseres Ernährungssystems. Denn wo, wie und was Ihr Koch einkauft, verändert wo, wie und was der Landwirt anbaut, bzw. züchtet.
Alles ist miteinander verbunden. Alles hat ein Ziel: Sie als Gast glücklich zu machen. Vollkommen. Den Bauch und den Kopf. Das Erlebnis in unseren Häusern soll einen bleibenden Eindruck bei Ihnen hinterlassen. Um Sie dreht sich unsere volle Aufmerksamkeit. Sobald Sie uns signalisieren, dass Ihnen Nachhaltigkeit wichtig ist, sind wir als Gastgeber und Dienstleister aufgefordert, Ihnen diese zu garantieren. Aber Achtung! Ohne Einbußen auf der Genußseite.
Nun fragt sich natürlich wie die Nachhaltigkeit, die ja zweifelsohne Jeder prinzipiell erstrebenswert findet, in die Küchen und von dort zu Ihnen auf den Teller kommt.
Wie können Sie echtes Nachhaltigkeitsbestreben erkennen?
Sicher werden Sie schon viele Ansätze erlebt haben: Weniger Fleisch, Vegane Gerichte, Regionale Zutaten, Ingredienzen aus ökologischem Anbau,…
Vielleicht hört die mögliche gastronomische Nachhaltigkeit aber auch nicht bei den Zutaten auf. Wer sagt denn, dass sie nicht auch im Umgang mit den Mitarbeitern, bei deren Bezahlung und beim Erhalt gastronomischen Kulturgutes wirken kann?
Wem soll die gesteigerte Nachhaltigkeit denn eigentlich dienen? Ihnen als Gast? Uns als Gastgebern? Der Umwelt? Der Gesellschaft? Dem Weltfrieden?
Vielleicht ist es ja auch möglich, alle miteinander zu bedienen? Sie als Gast dürfen fragen und wir als Gastgeber sind Ihnen eine ehrliche Antwort schuldig. Neben allem Nachhaltigkeitsbestreben dürfen wir nie Ihren Genuss aus den Augen verlieren. Das Eine soll das andere bedingen, nicht ersetzen. Gemeinsam werden wir so die morgige Eß - und Genußkultur gestalten.
Bitte bleiben Sie kritisch, offen und sinnlich!