Als Praktikant im Team von Bobby Bräuer.
Als Praktikant im Team von Bobby Bräuer.
Dort, wo man dem Teamgeist leibhaftig die Hand schütteln kann.
Heute Morgen bin ich wieder aus München zurückgekehrt, wo mir die besondere Ehre zuteil wurde, 2 komplette Tage im Restaurant EssZimmer bei Bobby Bräuer als Praktikant im Team der Küche mitarbeiten zu dürfen. Das ist keine Selbstverständlichkeit, sonst würde wahrscheinlich auch täglich eine Schar von interessierten Hobbyköchen an die Tür klopfen und mitarbeiten wollen. Dieses große Glück, das nur alle Schaltjahre mal gewährt wird, gehabt zu haben, weiß ich sehr zu schätzen!
Ein Restaurant dieser Klasse hat ja auch nicht nur den eigenen täglichen Anspruch, ausschließlich höchste Qualität bei bestem Service zu liefern, sondern auch den Druck, es zu müssen, weil jeden Tag ein Kritiker der diversen Guides und Magazine dasitzen könnte, der das Ergebnis der Arbeit des Teams und seines Chefs erleben und bewerten möchte.
Eine wirklich harte Arbeit, wie ich jetzt umso mehr weiß!
Aber mal von vorne.
Ich kam morgens in diese an sich schon beeindruckende BMW-Welt in München, über der quasi das 2-Sterne-Restaurant von Feinkost Käfer unter der Führung von Bobby Bräuer thront. Ein höchst interessanter Bau! Wenn das Restaurant nicht geöffnet hat, kommt man auch mit dem Aufzug nicht bis ganz nach oben zum Restaurant, sondern endet auf der Etage, wo sich die Brasserie "Bavarie" befindet, für die Herr Bräuer ebenfalls als Küchendirektor verantwortlich ist.
Hier hab ich den Meister dann wie vereinbart angerufen und er hat mich sogleich abgeholt und nach oben geführt. Man hätte denken können, ich plane, dort oben meinen Urlaub zu verbringen, mit meinem Köfferchen, voll bepackt mit Arbeitshosen, Kochjacken und Schürzen, dazu Arbeitsschuhe und auch eine Großpackung passend-schwarze medizinische Masken hab ich mitgenommen, neben einer Kleinigkeit zum Anstoßen zu Feierabend für das Küchenteam.
So bepackt hat mich der nette Sous Chef erstmal zur Garderobe gebracht, wo ich mich angemessen in meine Kochkleidung geschmissen habe.
Und schon gings los und ich wurde sogleich in meine Arbeiten eingewiesen. Meine Karriere als 2-Sterne-Praktikant hat begonnen! Und zwar mit weißen, französischen Zwergradieschen und roten Zwergradieschen, die ich putzte. Sogar an die Aufschnittmaschine durfte ich, um hauchdünne Scheibchen von "normalen" Radieschen zu schneiden. Ich habe mit einem kleinen runden Ausstecher hauchdünne Brotchips ausgestochen, diverse Kräuter und Zitrusschalen für eine Beize kleingeschnitten, sowie Lauchzwiebeln geputzt und Zucchini und Zwiebeln geschnitten, letzteres allerdings für das Personalessen, was nicht nur sehr lecker ist, sondern auch größtenteils von Herrn Bräuer selbst zubereitet wird.
Auch sollte ich der lieben Luzie beim Puhlen der Erbsen helfen. Ja, in der gehobenen Küche wird auch jede einzelne Erbse gepellt! Eine Premiere für mich. Ich weiß das zwar, habe es selbst aber nie gemacht, entsprechend groß war die Ausbeute. Während Luzie ihre volle Schale gepellt hat, war mein mageres Ergebnis 3 mehr oder weniger zerquetschte Erbsen und noch 2 weitere, die wohl noch benutzbar waren. Man lernt eben nie aus! Und mit Luzie stellte sich nicht nur die gemeinsame Liebe zum Kochen, sondern die Sangesfreude als Gemeinsamkeit heraus. So habe ich erfahren, dass sie von Kindesbeinen an im Kinderchor der Bayerischen Staatsoper singt bzw. gesungen hat.
Am zweiten Tag habe ich schon ein paar mehr Aufgaben übernehmen dürfen. Von Schalotten fein schneiden, Champignons schälen (meine 2. Premiere nach den Erbsen!) und fein schneiden, beim Ansatz der Hummerbisque helfen und Salat putzen, ging es dann sogar in die Pâtisserie, wo mir Tobias netterweise einiges zutraute. Ich habe Schokoladenganache in Silikon-Pralinenformen gespritzt, ein kleines ausgestochenes Scheibchen Sachertortenboden aufgelegt, einen Punkt Marillenmarmelade aufgespritzt und nochmals mit Ganache aufgefüllt. Nach dem Schockfrosten kam darüber eine Schokoladenschicht und ich durfte am Ende als Finish noch etwas Blattgold auflegen.
Entstanden ist eine herrliche Sachertorten-Praline. Bei der Herstellung der Apfelstrudelpralinen (ich glaube, so wurden sie benannt) durfte ich auch behilflich sein. Halbkugelformen wurden gefüllt mit einer beschwippsten Rosine und 2 Pinienkernen und etwas Apfel, zuvor von mir in kleinste Würfel geschnitten und in gebundenem, gewürztem Apfelsud etwas gegart. Darauf kam dann dieser mit natürlichem Geliermittel eingebundene Apfelsud, ab damit in den Froster und dann kam eine letzte festere Gelatineschicht darüber. Leider habe ich irgendwie versäumt, diese Leckerei auch zu kosten, aber es hat mich sehr gefreut, dass ich diese Arbeiten übernehmen durfte!
17-18Uhr kann dann das Personal mal kurz bei dem leckeren Personalessen (es "einfach" zu nennen, fände ich stark untertrieben, ich würde es hochwertige, gesunde Hausmannskost bezeichnen), verschnaufen, nach und vor regelrechtem Dauerdampf.
Ab 18 Uhr beginnt dann die Mis en Plaçe, das "Zurechtlegen" und Vorbereiten auf den tatsächlichen Restaurantbetrieb, den "Service". Ab 19 Uhr kommen die ersten Gäste und dann ist wirklich hitziger Dauerbetrieb, bis der letzte Gast gegangen ist und noch weit darüber hinaus. Da kommt Bestellung nach Bestellung rein, wird fertiggestellt, wird vom Service zum Tisch gebracht. Kein Wunder, bei 8 Gängen und vielen Aperos und Amuses davor, dazwischen und danach!
Ab diesem Moment stand ich natürlich nur noch beobachtend und staunend daneben. Dass da kein Teller rausgeht, an dem sich ein Hobbykoch versucht hat, ist ja klar.
Da kommen im Sekundentakt gefühlte 1.000 Ansagen vom Chef, wovon, wieviel an welchem Tisch und welche Besonderheiten zu beachten sind (mag kein dies oder das, verträgt das nicht, darf jenes nicht essen, weil z. B. schwanger usw.) und man, in dem Fall ich, stehe daneben und denke "wer kann sich das denn merken, warum schreibt denn keiner mit!?", und dann kommt nur ein klares "Jawohl" und die Luft glüht, der Service wird gerufen und die nächste Batterie von Tellern wird zu den Gästen gebracht. Und so geht das tatsächlich Stunden unter Volldampf weiter, bis der letzte Gast zufrieden das Restaurant verlässt.
Großzügigerweise und bei dem Stress auch erstaunlicherweise wurden mir immer wieder Gänge oder Teile von Gängen zum Probieren zubereitet und gereicht, so dass ich auch noch in den Höchstgenuss vieler Speisen aus dem Menü kam. Ich bin sozusagen zum luxuriösen Gourmet-Praktikanten mutiert.
Unglaublich, was ich alles kosten durfte:
- Ein Parmesantartelette mit Blutwurstcreme, Majoranmayonnaise, Trüffelsplittern (von mir selbst fein gehackt!) und Frisee und später einen Teller mit Büffelricotta, Radieschen, Brotchips, Kräutern und fermentierter Heidelbeere von Souschef Jens
- Ein Mayoranbaiser mit Avocadocreme gefüllt, mit Brotchip, lackiertem geflämmtem Aal, Tomatengel, Misocreme und Minibasilikum von Maxi
- Snowballmelone, Mayoranöl, Schnittlauchblüte, Chilisalz, crunchy Chip und einer Blüte von Luzie angerichtet
- Auch ein Amuse hat mir die liebe Vicky zubereitet, eine "Bananamole" (statt Guacamole) mit Umeboshi (japanischer Salzpflaume) und gedämpftem Rochen. Und dann noch eine kalte Auberginensuppe mit "Schweine-Gel", Crème fraîche, Auberginencreme, Pfifferlingen und Grissini
- Simon hat mir eine Schale mit Wakame-Salat, knusprigem lackiertem Spanferkel (beides liebe ich sehr!) Sesam, fritierter Aubergine, Staudensellerie, Apfel und einer Kugel vom Diakonrettich angerichtet
- Sogar den butterzarten Lammgang (von Sinar gebraten) durfte ich probieren, mit Perlzwiebelcreme, grünem Spargel, weißen Spargelstreifen und Blaubeer-Gel
- Und zum süßen krönenden Abschluss bekam ich von den beiden Pâtissiers Alex und Tobias noch eine unglaublich leckere Kugel aus schokoladenüberzogener Mousse au chocolat mit Karamellcrunch-Kern und fermentierten Heidelbeeren, einer Schokocreme und einer umwerfenden Portwein-Schokoladenreduktion.
Und noch ein sehr lecker-erfrischendes Kakigõri, ein japanisches Kratzeis. Wenn ich es richtig verstanden habe, mit Paprikapulver. Und einen Probehaps für eine spontane "Sonderproduktion", ich glaube, eine Ganache aus weißer Schokolade, in flüssigem Stickstoff schockgefrostet. Auch superlecker und sehr erfrischend dazu!
Ich hoffe, ich habe mir das alles richtig gemerkt, bitte aber an dieser Stelle schon um Entschuldigung, wenn ich mir die ein oder andere Zutat falsch gemerkt oder gar vergessen habe!
Man könnte also fast denken, ich habe den ganzen Abend nur durchgeschlemmt. Zwischendurch hab ich immer mal butterzarte Abschnitte zum Verkosten bekommen, vom Reh, vom Lamm, vom Spanferkel, von einer Entenprobe. Auch wenn ich Fragen hatte zu Komponenten wie z. B. der Fingerlimette, hab ich sofort ein Scheibchen zum Probieren bekommen. Das war schon wirklich ein absoluter Luxuslehrgang!
Und nach diesem für alle schon SEHR langen Arbeitstag wird nach dem Service noch die Küche von oben bis unten geschrubbt, abgezogen und trockengewischt (zum zweiten Mal am Tag, denn das geschieht auch schon nach den Vorbereitungen am Nachmittag, bevor die Mis en Plaçe aufgebaut wird). Das gehört für das Küchenteam mit dazu. Da ich höflich-zurückhaltend erzogen wurde, stand ich am ersten Tag nur daneben, natürlich hätte mich niemand aufgefordert, da mitzuhelfen. Am zweiten Tag hab ich mir aber einfach auch den Schwamm geschnappt und mich mit Küchenkrepp bewaffnet, denn da wollte ich ja schon auch mitmachen - wie gesagt, das gehört mit dazu, und nicht nur mit dem Perlmuttlöffelchen Kaviarnocken anzurichten. Ganz im Gegenteil!
Was die Köche da leisten (alle anderen natürlich auch, aber das hatte ich weniger im Blick), ist wirklich unglaublich und ein echter Knochenjob! Und dabei bleiben alle voll konzentriert und meist vollkommen ruhig, man ärgert sich vielleicht mal still über so manch merkwürdiges Verhalten eines Gastes oder wundert sich über Sonderwünsche oder Kommentare zu Gängen, aber auch das wird professionell hingenommen, hier ist der Gast nicht nur König sondern eher Kaiser, zu jedem Moment seines Aufenthaltes. Beeindruckend!
Das bringt auch meine Zusammenfassung dieser beiden tollen Tage auf den Punkt: Beeindruckend!
Für mich war es eine wirklich große Ehre, und zudem ein erfüllter Traum, eine sehr anstrengende, aber supertolle, lehrreiche Erfahrung, die ich machen durfte, und für die ich Herrn Bräuer und seinem Team mehr als dankbar bin!