Zitronenverbene, Erdbeere und weiße Schokolade
Zitronenverbene, Erdbeere und weiße Schokolade
Ein Gericht steht im Mittelpunkt der Reihe „The Dish“. Ein Gericht, das geschmacklich und konzeptionell heraussticht, für das jeweilige Restaurant steht. Welche Geschichte verbirgt sich dahinter? Was hat sich der Koch dabei gedacht? Woher stammen die Zutaten. Ein Deep Dive in den Teller quasi.
Jeden Herbst erntet Hans-Harald Reber büschelweise Zitronenverbene im Restaurantgarten und friert es im Schockfroster ein. So erhält sich sowohl Farbe als auch Geschmack des ursprünglich aus Südamerika stammenden Krautes. Im Pacojet mit etwas Salzzitrone gemixt entsteht ein erfrischender Sud, der mit vollreifen Erdbeeren, einem Erdbeersorbet und einem Törtchen aus weißer Valhrona-Schokolade der Sorte Ivoire kombiniert wird. Im Törtchen verstecken sich ein Keksboden, den Reber mit Nussbutter verfeinert hat, ein Erdbeerkompott und eine Eisenkrautmousse. Insgesamt ist das großartig ausbalanciert. Gerade das leicht Herbe des Eisenkrauts und die leichte Salznote der Salzitrone erweisen sich als kongenialen Ausgleich zur süßen Wuchtigkeit von weißer Schokolade und Erdbeeren. Aber auch mit Texturen weiß der Spitzenkoch umzugehen: die cremige Mousse wird immer wieder durch den erfrischenden Sud oder zweierlei knusprige Tuille aufgebrochen, es wird nie langweilig, aber trotzdem bleibt jeder Löffel stets harmonisch.
Die Erdbeeren für das Dessert stammen vom regionalen Erzeugermarkt. „So bekomme ich über einen längeren Zeitraum hinweg konstant gute Qualität und muss nicht ständig die Karte wechseln“, sagt Reber und wenn man weiß, dass das Restaurant bis zu 90 Gäste an einem Abend bewirtet, dann versteht man sofort, warum ihm das wichtig ist. Eine „Knüppelarbeit“ sei das manchmal, aber wenn er sehe, was in den letzten Jahren aus dem kleinen Gasthaus seiner Vorfahren, ohne fließend Wasser und Strom wohlgemerkt, geworden ist, sei er schon stolz. Zum Restaurant gehört mittlerweile ein Hotel mit 27 Zimmern und eine Kochschule, bei der Reber sein gebündeltes Wissen weitergibt. Ein Hochzeitszelt soll in den nächsten Jahren hinzukommen, aber wachsen soll der Betrieb nicht mehr, damit alles noch in Familienhand bleiben kann.
Auch wenn das Restaurant seit Jahren einen Stern hält, Hans-Harald Reber bleibt sympathisch bescheiden. Zum Interview bringt er seinen Sous-Chef Edmund Schmidt mit, der seit der Lehre im Betrieb ist, und betont, dass hier alles eine große Teamleistung ist. Die Gerichte aus dem gehoben-bürgerlichen À-la-carte-Geschäft bekommen in der Küche die gleiche Aufmerksamkeit wie die ambitionierteren Gerichte aus dem Menü.
Es ist eine faszinierende Gleichzeitigkeit. Oma und Opa vom Lande, in einfacher Kleidung, essen ihren samstäglichen Rostbraten, während nebenan, in Abendkleid und Anzug, ein Pärchen das Fine-Dining-Menü zelebriert. Und irgendwie kann man es sich in diesem Restaurant auch nicht anders vorstellen.
Reber's Pflug - Hans-Harald Reber
Weckriedener Straße 2
74523 Schwäbisch-Hall
Text und Fotos: Tobias Henrichs
Instagram: @tobias__henrichs