Kiwi, Ziegenkäse und weiße Schokolade
Kiwi, Ziegenkäse und weiße Schokolade
Ein Gericht steht im Mittelpunkt der Reihe „The Dish“. Ein Gericht, das geschmacklich und konzeptionell heraussticht, für das jeweilige Restaurant steht. Welche Geschichte verbirgt sich dahinter? Was hat sich der Koch dabei gedacht? Woher stammen die Zutaten. Ein Deep Dive in den Teller quasi.
Seine Stammgäste hatten Cédric Staudenmayer auf die in ihrem Garten reichlich wachsenden Kiwis angesprochen. Was man damit wohl machen könnte?
Von Kiwis lassen viele Köche eigentlich lieber die Finger, zum einen wegen des leicht britzeligen Mundgefühls, zum anderen, weil sie in Verbindung mit längerem Kontakt mit Milchprodukten oft bitter schmeckt. Schuld ist das Enzym Actinidin, das auch z.B. in der Ananas zu finden ist.
Der 25-jährige Gewinner des begehrten Young Chef Awards war dennoch angefixt. Angelehnt an die Form der Kiwi, beschließt er, eine Kugel aus herrlich luftiger Ziegenkäsemousse, gefüllt mit Kiwikompott, in das Zentrum des Desserts zu stellen. Umhüllt ist diese mit einer hauchzarten Schicht weißer Schokolade. Damit diese so dünn wird, fügt Staudenmayer ein wenig Kakaobutter hinzu. Dadurch ist sie im geschmolzenen Zustand flüssiger und leichter zu verarbeiten. Die Schokolade – „Ivoire“ des französischen Herstellers Valhrona – setzt der Koch auch noch in karamellisierter Form als Crumble ein. Dazu wird die Schokolade bei 160 Grad 7-8 Minuten kräftig gebacken, wodurch die Milchbestandteile karamellisieren. Der kräftig-süße Karamellton fügt sich harmonisch in das Geschmacksbild ein, die Textur ist spürbar, aber so dezent, dass sie die erfrischend-leichte Fragilität des Desserts nicht gefährdet. Merke: Weniger Crunch ist manchmal eben mehr! Als weitere Komponenten finden sich auf dem Teller frische Kiwi, Kiwigel, ein Chantilly aus weißer Schokolade und ein klassisches Kiwisorbet. Die intensiv schmeckende lila Shisokresse bietet einen schönen visuellen Kontrast. Oft leider ohne Sinn und Verstand als Dekoration eingesetzt, passte sie sich in diesem Dessert auch geschmacklich hervorragend ein.
Wichtig war dem im Großen Guide mit 3 ½ Hauben ausgezeichnetem Koch, dass das Dessert seine Handschrift widerspiegelt und nicht zu exotisch wird. Die regionale Verwurzelung im schwäbischen Weinstadt ist ihm wichtig. Seit November 2022 führt er die gastronomische Tradition des Großvaters Otto Koch fort, die gemütliche Gaststube der ehemaligen „Krone“ wurde behutsam modernisiert. Radikaler war die Veränderung in der Küche: Staudenmayer bietet nur noch ein festes Menü für maximal 12 Personen an und bereitet dieses komplett alleine zu. Respekt! Gelernt hat er im Stuttgarter Restaurant Cube, danach folgten renommierte Stationen wie dem Restaurant Ophelia und der Schwarzstube in Baiersbronn.
Fazit: Das „Cédric“ in Weinstadt bietet eine junge, aber in der regionalen Tradition verwurzelte, Küche, die sehr zugänglich ist. Die aufgerufenen 119 Euro für das 5-Gang-Menü sind mehr als fair. Wenn man ehrlich ist, dann müsste man eingestehen: Eigentlich zu günstig für das, was der sympathische Koch auf den Teller zaubert!