Zu Gast im Schanz.restaurant

Zu Gast im Schanz.restaurant
Wo Gastgebertum eine Herzensangelegenheit ist.
Szene am Tisch: Die Chefin serviert Hummer und sagt "Das Häubchen können Sie mitessen, das ist Kartoffel".
Ich frage erstaunt: "Wie haben Sie die denn durchsichtig bekommen?".
Antwort: "Wir sind halt extrem geizig hier in Piesport!" - Dieser Restaurantbesuch konnte nur geil werden!
In meinem Bericht über das PURS habe ich euch bereits von meiner „Elf Sterne in 55 Stunden“ Mission erzählt. Das schanz. restaurant. nimmt dabei das Zeitfenster vom Startschuss um 09:00 Uhr bis zum späten Nachmittag ein. Und in diesem Tagesabschnitt hatte ich das große Glück, eines der besten Gesamterlebnisse meiner gesamten Best-of-the-West-Tour erleben zu dürfen, denn es gibt kaum ein Restaurant, in dem ich mich wohler gefühlt habe als hier.
Aber von vorne. Meine Reise beginnt in Düsseldorf bei strahlendem Sonnenschein, der bis zu meiner Ankunft an der Mosel anhalten sollte. Und das ist auch gut so, denn als ich kurz vor dem Ziel die Serpentinen hinab ins Moseltal fahre, muss ich einfach mitten im Weinberg des „Piesporter
Goldtröpfchen“ anhalten, um die traumhafte und imposante Kulisse zu bestaunen. Ein Dichter beschrieb es einst so, dass die Weinberge den Ort „Wie die Ränge eines Amphitheaters“ einrahmen. Ich finde, besser kann man es eigentlich nicht auf den Punkt bringen.
Nachdem mein Naturwunder-Romantik-Akku randvoll aufgeladen ist, geht es weiter auf den letzten Kilometer bis ins schnuckelige Örtchen Piesport. Tiefenentspannt und kulinarisch hochmotiviert betrete ich, als erster Gast des Tages, das „schanz“, wo mich die herzliche Gastgeberin Adrienn Pasztusics in Empfang nimmt und mich zu meinem Platz im hinteren Bereich des Restaurants geleitet. Durch die transparenten, metallisch schimmernden Stoffvorhänge entsteht der Eindruck, man säße in einer Art Separee, was mir sehr entgegenkommt, denn erstens gibt es keine Nervensägen um mich herum und zweitens kann ich später wunderbar beim Essen knipsen, ohne andere Gäste zu stören.

Durch die großen Fenster herrscht hier noch dazu eine wunderbare, lichtdurchflutete Wohlfühlatmosphäre, die auch für perfekte Fotoverhältnisse sorgt.
Auf dem Weg zu meinem Platz geht es noch vorbei an der Küche, wo ich durch ein Fenster einen kurzen Blick auf Inhaber und Chef Thomas Schanz erhaschen kann, der schon fleißig mit der Pinzette hantiert.
Thomas Schanz, wie ich ein 80er Jahrgang des 20. Jahrhunderts, sagt von sich selbst „Ich bin Koch aus Leidenschaft. “. Absolut nachvollziehbar, bei den Stationen, die sich in seinem Lebenslauf wiederfinden. Dieser beginnt mit einer Ausbildung in der Traube Tonbach in Baiersbronn, wonach es weiter ging zu Klaus Erfort in dessen GästeHaus in Saarbrücken. Anschließend folgte die wahrscheinlich prägendste Zeit als Sous-Chef bei Helmut Thieltges im Waldhotel Sonnora in Dreis.

Im August 2011 hat er dann seinen Traum vom eigenen Restaurant verwirklicht und dieses hier in Piesport ins Familienhotel integriert. Und zwar äußerst erfolgreich, denn bereits ein Jahr später ging ein erster Stern des Guide Michelin im Moseltal auf. 2016 gesellte sich noch ein zweiter dazu, sodass das kleine Dörfchen nun kulinarisch fast perfekt ausgeleuchtet ist.
Ob vielleicht irgendwann noch ein wenig mehr Leuchtkraft am Himmel dazu kommt? Das Potenzial ist denke ich vorhanden, denn zu den Auszeichnungen des Michelin kommen noch Ritterschläge zum "Koch des Jahres" und "Aufsteiger des Jahres" weiterer angesehener Führer des Landes dazu. Und, was mich besonders freut und die großartige Zusammenarbeit von Thomas und seiner Partnerin Adrienn unterstreicht, ist die aktuelle Auszeichnung zum „Gastgeber des Jahres 2020“ im Großen Guide.

Daran, dass das schanz diese Auszeichnung zurecht trägt, besteht eigentlich schon zehn Minuten nachdem ich Platz genommen habe, kein Zweifel. Adrienn versteht es nicht nur perfekt, den individuellen Wünschen ihrer Gäste gerecht zu werden, sie weiß auch instinktiv, wann Zurückhaltung und Diskretion angebracht sind und wann sie einem Gast einen passenden Spruch mitservieren darf.

Was mir dabei besonders gut gefällt ist die Authentizität; hier wird kein Schauspiel aufgeführt, sondern hier ist das Gastgebertum wirklich eine Herzensangelegenheit.
Widmen wir uns nun meinem „Lunch“. Dazu studiere ich zunächst die Speisekarte und stärke mich, nach der weiten Anreise, mit einem prickelnden Gläschen Spaßmacherbrause.

An einem Tisch hinter dem Vorhang nimmt derweil ein Mann Platz, der, wie sich herausstellt, seit Jahrzehnten ein großer Moselfan ist und heute extra eine Anreise aus Braunschweig auf sich genommen hat. Ich hatte also trotz 220 Kilometern auf dem Tacho nicht den weitesten Weg, was ja nur ein gutes Zeichen sein kann.

Ich folge der Empfehlung des Hauses und entscheide mich für Thomas‘ Menü als 5-Gang-Version. Weintechnisch verlasse ich mich auf Adrienn. Beides, wie sich herausstellen wird, mal wieder eine goldrichtige Entscheidung.

Die perfekt zubereiteten Gerichte, bei denen das maximale Geschmackserlebnis aus den einzelnen Komponenten herausgekitzelt und mit komplexen Aromen kombiniert wird, sind mir bis heute in Erinnerung geblieben. Herausragend war dabei für mich die bretonische Felsenrotbarbe mit Calamaretti, Staudensellerie und Bergamotte; ein Gang, den Thomas noch als zusätzlichen Zwischengruß aus der Küche eingebaut hat.
Danke dafür lieber Thomas!
Allein für dieses Gericht würde ich jetzt auf der Stelle wieder 220 Kilometer fahren. Und für das Gesamterlebnis bei den Gastgebern des Jahres, wäre mir gar kein Weg zu weit!