Im Buddha Republic in Berlin-Charlottenburg

Im Buddha Republic in Berlin-Charlottenburg
Mit Omi beim Lieblings-Inder.

Sonne scheint, Pollenflug gering, Erdachsenkrümmung liegt bei soliden 23,43666°. Ein guter Tag, um Omi in die Gemäldegalerie auszuführen. Omi sagt zu. Ich glaube, Omi hat keinen Bock auf Gemälde. Ich glaube, Omi sagte nur zu, weil ich versprochen hatte, dass ich sie zur Stärkung zum Essen ausführen würde. „Ich zeig‘ dir meinen Lieblings-Inder!“. Omi so: „Hmm, na gut…!“ und man kann es ihr kaum verübeln. Wir kennen sie alle: die indischen Restaurants, die zwar auf rührende Weise sympathisch sind, aber in ihrer konsequenten Abwesenheit von Eleganz auch irgendwie traurig machen. Auf dem Bartresen blinkt noch ein bunt beleuchteter Polyethylen-Weihnachtsbaum (im Mai), die übersüßten Billigfuselcocktails in Ballermannoptik überfordern gleichsam Netzhaut und Bauchspeicheldrüse und das Zuviel an Lichterketten neben abgeplatzten Plastik-Buddha-Skulpturen belästigt ebenfalls niemanden mit heimeliger Atmosphäre.

Man sitzt mit 15 Leuten am Tisch, alle bestellen Unterschiedliches, alle bekommen Gleiches. Unidentifizierbares schwimmt in einer Currysoße. Immer. Dazu Reis, pappiger Salat und alle kloppen sich ums Bhatura. Man lächelt höflich, gibt Trinkgeld aus Mitleid, räumt unbeabsichtigt den dusseligen Plastikbuddha ab, gibt noch mehr Entschuldigungstrinkgeld: für den Buddha, für die Restaurantwahl, damit das Team eine Keramikvase aus einer Schöneberger Manufaktur kaufen und sie an die Stelle des Kunststoffweihnachtsbäumchens stellen kann.
Alles das und noch viel weniger ist Buddha Republic nicht! Von außen als Prenzlauer-Berg-Café getarnt, eröffnet es indoor einen Gastraumschlauch, der jedem Innenarchitekten Schweißperlen auf die Stirn und Krokodilstränen in die Augen treiben würde. Perfekt gelöst mit heroischer Längstafel in der Mitte und links und rechts zarten Zweiertischlein. Alles symmetrisch. Meine Zwangsneurose atmet auf. Jetzt gibt's Klimmbimm auf die Sehorgane: eine riesige Installation aus Hängepflanzen, Kerzenleuchtern, Vogelkäfigen, Windlichtern und Industrieleuchten baumelt die gesamte Raumachse entlang. Was sich wuselig liest, hat System. Immer wieder verliert sich der Blick im beruhigenden Arrangement, immer wieder werden Niedlichkeiten entdeckt. Wenn der Halswirbel sich verzahnt, Kopf rum und reingeguckt in die Spiegelfront der Seitenwände, in der sich das illuminierte Botanik-Konglomerat völlig zu Recht selbstverliebt in Pose spiegeln kann. Jetzt schmerzt der linke Schulterblattheber, also eigen-ostheopatisch zur Decke glotzen. Alles voller lila Ballons! Das Feng Shui tanzt sich hier elegant durch präzise arrangierte Elemente. „Wer hat das alles entworfen?“ frage ich Armand, den in Indien aufgewachsenen Perser und Betreiber des besonderen Lokals. „Das habe ich selbst gemacht!“, meint er. Ich gucke skeptisch: „Okay, dann hast du ein wahnsinniges Talent für Design!“ „Ja ja, ich habe mal Interieur Design studiert.“ Ha! Hab‘ ich ihn. Das bastelt niemand an einem freien Vormittag mal eben so zusammen. Ich staune und wende mich wieder meinem Chai-Tee zu, der liebevoll auf einem hölzernen Teegedeck mit zierlichen Schälchen (Honig und Rohrzucker) präsentiert wird und mich mit Teeexpert*innenwerkzeug wie Honigspirale und goldenem Löffel (angemessen!) ausstattet. So lässt es sich auf die Vorspeise warten.

Omi und ich tragen gern Chili-Battles am Tisch aus. Omi ist zudem Garnelen-Fan. Daher gibt’s die in „very spicy“ vorneweg – frische Chilis, Limetten, Sesam-Sud und ein großes aromatisches Curryblatt bekommen den Krebstieren gut. Letzteres wird man woanders selten finden – im Einkauf teuer, auf dem Teller Beifall provozierend. Die hochwertigen Zutaten und der traditionelle Tandoori-Ofen erklären die für ein indisches Restaurant angehobenen Preise. Den indischen Lehmofen, in dem Spieße auf verschiedenen Gehölzen zart gegart werden, sucht man vergeblich bei Armands Kolleg*innen. Auf Nachfrage, was der Begriff „Tandoori-Gericht“ in besagten Restaurants meint, wird entgegnet, dass lediglich ein typisches „Tandoori-Gewürz“ verwendet wird.

Auch nicht als das Dessert mit flüssigem Stickstoff bewölkt an unseren Tisch pufft: schmelziges Vanille – und Pistazieneis werden von uns mit dem dazu gereichten Dattel-Sesam-Techtelmechtel beklebt. Während ich die Desserts in indischen Restaurants mit ihrer erschlagender Süße eher als mittelangenehm empfinde, tariert Armand auch im Dessertmodus die Kompenenten seiner Küche grazil aus.
Omi findet, Buddha Republic sei mit seinem erfrischenden Crossover-Interieur aus traditionellen Elementen und Design-Edgyness, der handwerklichen Authentizität und dem unnachgiebigen Fokus auf qualitativ hochwertige Produkte der konsequenteste Inder Berlins.
Und wenn Omi dit sagt, is‘ dit och so!
3 Gänge: ca. 40-50 Euro
Knesebeckstr. 88
10623 Berlin
Telefon (030) 31164204
Internet: www.buddha-republic.com