Im Goldberg in Fellbach - Ein kurzes Update

Im Goldberg in Fellbach - Ein kurzes Update
Aussen Beton, drinnen kulinarisches Gold
Der Zufall sorgte dafür, dass Tobias Henrichs sehr viel früher als gedacht erneut zu Gast im Goldberg Restaurant in Fellbach war. Darüber schreibt er uns in seinem kleinen Nachtrag, den wir kurzerhand seinem "Urbericht" voran stellen:
Um es gleich vorwegzunehmen: Das Fazit des letzten Besuches kann so stehen bleiben, das Goldberg braucht den Vergleich mit so manchem Zweisterner nicht zu scheuen! Gewählt wird – wie beim letzten Mal - das Menü „Abenteuer“, das den sommerlichen Temperaturen nun etwas angepasst wurde und sehr leicht und frisch daherkommt.


Auch diesmal gibt es einen Gang mit herrlich zartschmelzender Gänseleber, die nun mit hauchfein geschnittenen Pflaumen und Gorgonzola dolce kongenial kombiniert wurde. Diesmal in einer kleineren und damit für mich perfekten Portionierung. Dass die auf der Karte angekündigten Haselnüsse sich als Walnüsse tarnten, schmälerte den Genuss keineswegs.

Während der Hauptgang des letzten Menüs sich ein wenig nach Frische sehnte, kann die diesmal servierte Rinderrippe mit einer Frisur aus gepickelten Radieschen punkten. Auch die dazu kombinierte Aubergine mit Pistazien und Zitronenzesten ist würzig und frisch zugleich. Der Rinderrücken als Hauptakteur des Tellers soll selbstverständlich nicht verschwiegen werden.

Während das Dessert beim letzten Besuch den Tester leider etwas ratlos zurückließ, überzeugte die unglaublich frische und köstliche Süßspeise aus Kokos, Pandan, Fenchel und Yuzu diesmal umso mehr. Das ideale Gericht für den Abschluss eines warmen Sommerabends auf der wunderschönen Terrasse des Goldberg.
Auch wenn der Leser nun ob der Wiederholung etwas gähnen dürfte: Die Weinauswahl von Sommelier Josip Stjepandics und der Service zeigten sich erneut von ihrer besten Seite. Dies wird sicherlich nicht der letzte Besuch im Goldberg bei Philipp Kovacs gewesen sein!
Im Folgenden beschreibt Tobias Henrichs die Eindrücke und Genusserlebnisse seines ersten Besuchs:
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Das durch eine Gartenschau im letzten Jahr herausgeputzte Fellbach beheimatet ein zeittypisches Kongresszentrum aus den 70er-Jahren. In diesem Bau des Beton-Brutalismus befindet sich etwas versteckt das Restaurant „Goldberg“, das mit einen Michelin-Stern ausgezeichnet ist und von Philipp Kovacs geleitet wird. Der Kontrast beim Betreten des Restaurants vom betonigen Äußeren zum modernen und golddurchfluteten Interieur könnte größer nicht sein. Begrüßt werden wir von einem jungen Service-Mitarbeiter, der uns auch den Abend über mit Humor begleiten wird. Sommelier Josip Stjepandics Weinempfehlungen sind erstklassig.

Zur Begrüßung werden „Goldnuggets“ gereicht, die aus einem mit Frischkäse gefüllten Kartoffelteig bestehen. Die Warnung, die heißen Kugeln nicht sofort in den Mund zu schieben wird natürlich ignoriert, dafür halten wir uns an die Anweisung die echten Steine nicht zu essen. So ist zwar die Zunge dahin, aber immerhin die Zähne konnten für die nächsten Gänge gerettet werden. Ein leckerer Einstieg, der aber, wenn man gemein sein wollte, ein wenig an diese frittierten Kartoffeltaschen aus der Kantine erinnert. Optisch und konzeptuell jedoch ein toller Einstieg.

Das anschließend gereichte Brot ist lecker, aber nicht besonders. Dazu gibt es leicht warmen Flammkuchen in Bollenform, welches man durch den sich adrett auf Stein drapierten Sauerrahm zu ziehen hat. Ein guter Einstieg!

Optisch wunderschön ist der erste Fischgang. Die Gelbschwanzmakrele sitzt als Tataki in einem hinreißenden (dieses Adjektiv habe ich mir wohl bei Tim Raue abgeschaut) Sud in dem kleine Petersilienöl-Perlen schwimmen. Dieses Öl wird uns noch öfters begegnen. Die Kombination mit Blumenkohl, Apfel und Zitrus (Der Autor meint Yuzu erkannt zu haben) ist hinreißend (da ist es schon wieder) frisch und leicht. Eine Kugel Zitrus-Sorbet (links) bringt Frische und Spannung. Versteckt in einer hauchdünnen Scheibe Kohlrabi (zunächst vom Service fälschlich erst als Blumenkohl definiert), findet sich noch ein erfrischendes Tatar mit Apfelstückchen. Einziger Kritikpunkt dieses hervorragenden Ganges: Der Blumenkohl ist so dezent, dass der Tester nochmal nachfragen muss. Im Tatar sei er versteckt gewesen, lässt der Service wissen. Da dieses zu diesem Zeitpunkt schon verspeist, muss hier wohl gelten: in dubio pro reo. Insgesamt aber ein ausgezeichneter Gang auf Zwei-Sterne-Niveau.

Es schließt sich ein Gang aus Gänseleber, Rhabarber, Holunder und Ziegenfrischkäse an. Dazu wird wunderbares, geröstetes Brioche serviert. Auf dem Teller wird eine Gänseleber-Mousse von hauchdünnen Rhabarber-Scheiben bedeckt. Wunderschön in seiner Schlichtheit. Der Sud schmeckt nach Rhabarber, Holunderblüte und Himbeere und passt hervorragend zur Mousse. Vielleicht ein wenig zu süß. Im dazu gereichten Glas gibt es Rhabarber-Kompott mit Gänseleber-Eis und Ziegenfrischkäseschaum. Die Idee, die Aromenkombination zweimal mit unterschiedlichen Texturen darzustellen ist nachvollziehbar. Allerdings sind die Portionen etwas zu groß geraten, sodass die Begeisterung beim zweiten Genuss leider nicht mehr so groß ist und man etwas kämpfen muss.

Als zweiten Fischgang gibt es Schwarzen Kohlefisch mit Filderkraut und Thaicurry. Der Fisch hat eine feste Textur und badet in einem aromatisch unglaublich reinen Thai-Sud. Zweierlei Püree in perfekter Portionierung (vermutlich Süßkartoffel und Kraut) und ein Spitzkrautröllchen mit vielfältigem Crunch ergänzen das Ganze. Ein rundum gelungener Gang, sowohl in der Aromatik als auch in den Proportionen der einzelnen Komponenten, der dem Testesser noch lange in Erinnerung bleiben wird. Auch hier grüßt der zweite Stern.

Als Hauptspeise gibt es Dry Aged Rinderrücken der sich auf dem Teller ein wenig als Macho breitmacht. Sehr gut gebraten, aber mit seiner festen Textur (die an sich wirklich kein Kritikpunkt ist) und seiner Größe nimmt er zu viel Raum ein. Die Jus vermählt sich bildhübsch mit einer Rote-Bete-Soße mit Senfcaviar. Zum Rind gesellt sich Rind – diesmal als Kurze Rippe, die wunderbar geschmort und mit glasiertem Aal belegt ist. Eine reine Umamibombe, die den Macho in seine Schranken zu weisen weiß. Als Püree gibt es ein Oliven-Sellerie-Püree, das mit seiner Erdigkeit mit den anderen Komponenten sehr gut harmoniert. Eine geschmorte Rote Bete mit Fenchelpollen und vermutlich getrocknete Heidelbeeren ist allerdings der heimliche Star des Tellers. Ein sehr dichter und erdiger Teller mit toller Aromenharmonie, der aber auch etwas schwer ist. Als Esser wünscht man sich mehr Frische oder Schärfe zum Ausgleich und bekommt stattdessen: Holondaise. Hier jammert der Autor zugegebenermaßen aber auf sehr hohem Niveau.

Das Predessert mit Kirschen, Shiso und Buchweizen stellt sich als Offenbarung heraus, obgleich es optisch nichts davon vermuten lässt. Allein für diese kulinarische Traumhochzeit hätte sich der Besuch gelohnt. Der Testesser muss die Beschreibung dieses Ganges nun leider abbrechen, um die Tastatur nicht völlig voll zu sabbern.

Das Dessert aus Erdbeere, Topfen, Sauerklee und Milchreis entpuppt sich leider als der schwächste Gang des Abends. Ein wenig eklektizistisch reihen sich verschiedene Komponenten aneinander. Die sich auf dem Grund befindende Topfencreme mit Erdbeerspiegel erinnert an das in so manchem gutbürgerlichen Lokal gern servierte Panna Cotta mit Fruchtspiegel. Der klebrigen aber geschmacksarmen Michreiskugel mit Kokos hätte man eine ähnlich aussehende Süßigkeit lieber vorgezogen. Das Sauerklee-Sorbet hingegen ist erfrischend und originell. Nach dem Rhabarbergang ist damit aber auch die zulässige Tagesdosis an Oxalsäure erreicht. Die ausführlich annoncierte Fellbacher Erdbeere wirkt etwas plump und lässt sich schwierig essen. Der Testesser stellt sich dabei so hilflos an, dass der Service sogleich mit einem Messer herbeieilt. Sehr aufmerksam! Das Baiser und der Erdbeerchip ziehen leider recht schnell Feuchtigkeit und dürfen sich so nicht mehr mit der Auszeichnung „knusprig“ schmücken. Die goldene Kugel aus Kakaobutter enthält eine Litschi-Füllung. Sie lässt sich nur im Ganzen essen und verliert dabei die Verbindung zum Rest des Desserts.

Zum Abschluss werden die obligatorischen Macarons gereicht. Außerdem Pate de Fruit mit Blutorange und Pralinen mit „Golden Milk“. Zu letzteren veranstaltet der Service noch eine kleine Wissensabfrage, die der Testesser zum Glück besteht. Puh!
Nach dem Menü verabschiedet uns ein äußerst sympathischer Philipp Kovacs und nimmt sich viel Zeit für all unsere Fragen. Eine schöne Geste, die einen insgesamt sehr gelungenen Abend abrundet.
Alles in allem ein großartiges Menü mit einigen wirklichen Highlights, die man so schnell nicht vergessen wird und einigen Gerichten mit leichten Verbesserungsmöglichkeiten. Der zweite Stern für Phillip Kovac und das Team des Goldbergs ist nach Meinung des Autors nur noch eine Frage der Zeit!
Goldberg Restaurant
Guntram-Palm-Platz 1
70734 Fellbach
Tel: +49 7 11 57 56 16 66
Text + Fotos (c): Tobias Henrichs